
Telekom-Affäre: Auch Presse massiv bespitzelt
IM Telekom in deutschen Redaktionen - der rosa Riesenskandal nimmt gigantische Ausmaße an: Die Telekom hat einen Maulwurf in die Redaktion von "Capital" eingeschleust, ein "FTD"-Reporter wurde per Kamera überwacht.
IM Telekom in deutschen Redaktionen - der rosa Riesenskandal nimmt gigantische Ausmaße an: Die Telekom hat im Jahr 2005 einen Maulwurf in die Redaktion des G+J-Wirtschaftsmagazins "Capital" eingeschleust. Ziel der Stasi-Attacke: Redakteur Reinhard Kowalewsky. Der hatte damals tatsächlich Kontakt zu einem Betriebsratsmitglied und konnte auf diese Weise über geheime Planungen des Konzerns berichten.
Doch es kommt noch besser: Die "Financial Times Deutschland" wurde von der Telekom bereits 2000 intensiv bespitzelt - und damit weit vor den Jahren 2005 und 2006, als Telefonverbindungsdaten missbräuchlich benutzt wurden. Die von Ex-Geheimdienstlern gegründete Berliner Wirtschaftsdetektei Desa nahm den damalige "FTD"-Chefreporter Tasso Enzweiler, der oft exklusive Geschichten über die Telekom brachte, unter die Lupe. Die Privat-Fahnder suchten sogar in seinen Redaktionsräumen in Köln nach Enzweilers Kontaktperson - in James-Bond-Manier mit versteckter Kamera.
Diese neue Entwicklung setzt Telekom-Chef René Obermann gehörig unter Druck. Denn zumindest der Maulwurf bei der "FTD" war ihm offenbar schon seit 2007 bekannt. Obermann versuchte jedoch, die Geschichte erstmal geheim zu halten. "Die Telekom hat die Redaktion damals nicht informiert", sagte ein Telekom-Sprecher am Mittwochabend. "Wir sind damals aber davon ausgegangen, dass es sich um einen Einzelfall handelt."
Die neuen Erkenntnisse legen nahe, dass der rose Riese jahrelang ein Spitzelsystem gegen Journalisten und Spitzenkräfte unterhalten hat - auch schon in der Amtszeit von Kai-Uwe Rickes Vorgänger Ron Sommer. Die Anschuldigungen der "FTD" will die Telekom derzeit noch nicht bewerten. "Wir hören das zum ersten Mal", sagte Sprecher Philipp Schindera zu Spiegel Online.
G+J-Chef Bernd Kundrun äußert sich heftig gegen die Bespitzelung: "Das Haus Gruner+Jahr mit seinen Publikationen 'Capital' und 'Financial Times Deutschland' ist nach heutigem Kenntnisstand Angriffspunkt von Aktionen der Deutschen Telekom gewesen, die ich bisher in unserem Lande nicht für möglich gehalten hätte", sagte er der dpa. "Der Vorgang zeigt, dass die Freiheit der Presse auch in unserem Land nach wie nicht immer Common Sense ist und stets aufs Neue verteidigt werden muss." Gruner+Jahr hat nach Kundruns Worten bislang noch keine rechtlichen Schritte eingeleitet, behält sich diese aber ausdrücklich vor. "Welche Gesetze in diesem Zusammenhang bis hin zu Straftatbeständen verletzt worden sind, ist heute nicht annähernd abzusehen", sagte Kundrun. "Wir gehen davon aus, dass der Vorgang lückenlos und vorbehaltlos aufgeklärt wird."