Herr Schwingen, Herr Hahn, aus welcher Idee heraus ist die Kampagne entstanden?

Schwingen: Seit längerem schon beschäftigt uns die gefühlt wachsende gesellschaftliche Spaltung in der Welt. Egal ob Brexit, America first oder auch Abschottungstendenzen in Deutschland. Getreu ihrem Markenclaim macht sich die Telekom für die Überwindung von Grenzen und die Schaffung von Verbindung stark.

Ist das also eine Imagekampagne?

Schwingen: Sie ist beides, Image und Produkt. Denn: Unser Kernprodukt ist das Netz, in das wir in Deutschland fünf Mrd. Euro pro Jahr investieren, das sind Tag für Tag fast 14 Mio. Euro und damit zehn  Mal so viel wie der nächste Anbieter hinter uns aufbringt. Die Telekom ist beim Netzaufbau also weit voraus.

Welche Botschaft vermitteln Sie damit?

Schwingen: Auf einen Begriff gebracht: Teilhabe. Es geht um gesellschaftliche Teilhabe an den Entwicklungen in der digitalen Welt. Wir verfolgen eine Demokratisierungsstrategie, das bedeutet zuvorderst die Abdeckung der Fläche. Genau das bringt der Film zum Ausdruck. Es erscheint doch wohl besser und gerechter, wenn erst einmal jeder überall einen gut ausgestatteten Golf hat, als dass nur wenige einen dicken Mercedes fahren.

Die Zielgruppe für diese Kampagne ist sehr groß.

Hahn: Wir kommunizieren nicht mit einzelnen Zielgruppen, sondern mit ganz Deutschland. Deshalb fokussiert der mediale Einsatz sehr stark auf TV. Wir brauchen die Reichweite, weil wir mit jedem Film zeigen, dass wir Marktführer sind und Gestalter der Digitalisierung. Und das schon seit Jahren, das schafft Vertrauen und vermittelt Optimismus. Deshalb zeigen wir die Spots auch in  Umfeldern wie Die Höhle der Löwen, Formel Eins, Club der roten Bänder und Supertalent, um nur einige zu nennen.

Schwingen: Wir gehen mitten in die Gesellschaft.

Dieser Film ist ein Vignettenspot.

Schwingen: Ja, warum auch nicht? Wichtig ist, ob die Vignetten, wenn sie zusammengeführt werden, einen roten Faden haben und eine Geschichte oder einen interessanten Sachverhalt transportieren.Die kategorische Verweigerung von Vignetten liefert ja im Umkehrschluss nicht zwangsläufig eine gut erzählte Geschichte. 

Hahn: Die Menschen haben uns in der Marktforschung gezeigt, ob sie die Botschaft verstanden haben, ob die Themen relevant sind, ob sie emotional berührt sind. Und wir testen, ob die Kampagne auf die Marke einzahlt. Es geht überhaupt nicht um die Umsetzungstechnik der Spot-Produktion, sondern darum, ob die Geschichte und die Aussage verständlich sind.

Sie sprechen von Demokratisierung und Teilhabe. Tatsächlich ist der Film eine Demonstration der Stärke. Ist die Stärke des Marktführers ein Argument für den Kunden?

Schwingen: Vollkommen richtig. Das ist eine selbstbewusste Marktführerkampagne. Wir sprechen nicht plump über eine aufregende Zukunft, uns ist der gesellschaftliche Kontext wichtig. Natürlich vermitteln wir eine optimistische Botschaft, aber ohne die täglichen Problemen auszublenden. Die Welt ist zur Zeit nun mal komisch drauf.

Letztlich geht es doch darum, die Menschen als Kunden zur Telekom zu bringen.

Hahn: Genauso ist es. Wir zeigen mit jeder der vier Varianten des Spots, dass wir in verschiedenen Aspekten Marktführer sind. Dadurch haben die Menschen nicht nur das Gefühl, sondern sie wissen, dass wir vorne sind. Das schafft Vertrauen. Und dieses Vertrauen ist gerade in inhaltlich komplizierten Marktbereichen wie der Telekommunikation der maßgebliche Faktor, warum sich Menschen für eine Marke entscheiden. Wenn ein Unternehmen die Fähigkeit hat, Bedürfnisse von Menschen zu verstehen, aufzunehmen und dafür Lösungen anzubieten, dann hat es bei diesen Menschen gewonnen.

Warum taucht das Thema 5G nicht auf?

Hahn: Wir setzen Themen aus den Fragen heraus, die den Menschen hier und jetzt unter den Nägeln brennen und wir setzen Themen, bei denen wir eine Kontinuität vorweisen, also schon seit Jahren erfolgreich engagiert sind.

Schwingen: Richtig ist, dass wir just in Berlin als Erster in Europa Antennen im Regelbetrieb aufgenommen haben, die live und in realer Umgebung über 5G funken. Die Telekom gehört zu den treibenden Kräften, 2018 die Grundlage für einen Ausbau im größeren Maßstab zu legen. Dann ist auch die richtige Zeit gekommen, das kommunikativ zu begleiten.

Sie verwenden den Begriff Magenta alleinstehend und deutlich. Ist das eine neue Submarke?

Schwingen: Nein. Aber Magenta besteht ja nicht nur aus dem integrierten Magenta Eins-Angebot, sondern stellt mit ergänzenden Magenta-Leistungen und Services quasi eine Art Ökosystem dar. Das wollen wir mehr in den Vordergrund stellen. Und niemand wird in Zweifel ziehen, dass die Telekomwelt nun mal Magenta ist.

Hahn: Magenta ist mit der Marke Telekom genauso verknüpft wie das "T", die Digits und der Jingle.

Werden die vier Spot-Varianten unterschiedlich medial ausgesteuert?

Hahn: Natürlich spielen wir das Thema Wirtschaft in einem anderen TV-Umfeld als zum Beispiel das Thema Schulen. Aber die vier Spot-Varianten werden auf einem annähernd gleichen GRP-Level gefahren.

Sie spielen die Kampagne im Wesentlichen über TV aus. Warum?

Hahn: Die Emotionalisierung können wir da viel besser rüberbringen als im hektischen Internet-Umfeld. Es geht nicht darum, dass TV per se besser wäre als Online. Die Frage ist doch, welches Ziel erreicht werden soll, welche Geschichte erzählt wird. Daraus ergibt sich die Wahl des Mediums. Medien sind immer nur sinnvoll für jeweils das, was man sagen möchte.

Schwingen: Und trotz aller Vorlieben für die sozialen Netzwerke gibt es sie ja immer noch, die 14- bis 29-Jährigen, die laut der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung knapp 110 Minuten täglich vor dem Fernseher sitzen, um sich vor allem die Echtzeitformate anzuschauen und sich am nächsten Tag mit Freunden darüber auszutauschen. Mit einer Monobewegtbildkampagne lässt sich nach wie vor die gesamte Republik erreichen.


Autor: Rolf Schröter

Rolf Schröter ist Chefredakteur der W&V und interessiert sich nicht nur deshalb prinzipiell für alles Mögliche. Ganz besonders für alles, was mit Design und Auto zu tun hat. Auch, wenn er selbst gar kein Auto besitzt.