
Kolumne von Norbert Möller:
Thinking on Design: Wie reduziert darf ein Logo sein?
Wenn es um Fußball geht, hört sogar bei unserem Kolumnisten Norbert Möller das Interesse für Design auf. Eigentlich. Aber die Markenkampagne von Hewlett Packard in der Werbepause bei Sky brachte ihn auf eine interessante Frage: Wann wirkt ein Logo reduziert und wann einfach nur banal? Ein Kommentar über Markenzeichen.
Das Schicksal eines Designers ist leider, dass man sich dem Beruf nirgendwo entziehen kann. Überall ist Design, schlechtes und gutes. Letztendlich ist ja alles gestaltet, auch das Ungestaltete. Eine der wenigen gestaltungsfreien Räume, die mir bleiben, ist der Fußball: Hier bin ich Fan, hier interessiert mich kein Design mehr! Hier ist es mir fast egal ob die Farbe des Trikotsponsors zum Trikot passt. Es ist eine Art Parallelwelt über alle Gesellschaftskonventionen hinweg.
Wenn man das Spiel am Bildschirm verfolgen muss, gibt es beim Bezahlfernsehen Sky jedoch ausgiebige Werbepausen, die einen in die Wirklichkeit zurückholen. Hier erwischte mich während einer Übertragung ein aufwändig produzierter, futuristischer Werbespot des "neuen Unternehmens Hewlett Packard Enterprise".
(Auf Youtube gib es die englische Originalversion, zum deutschen Werbespot geht es hier)
So neu wie im Film behauptet, ist das Unternehmen zwar mittlerweile nicht mehr, der Launch fand ja schon in 2015 statt. Mir war das neue Logo auch schon ein paar Mal aufgefallen, hatte jedoch noch keinen richtigen Grund mich damit auseinander zu setzen. Jetzt hatte ich einen! Und ich stellte fest: Die Zukunft scheint ein Viereck zu sein.
Der Film fängt mit einem türkisgrünen Rechteck an und das ist dann das Visual, das durch den Film führt. Dort wo das Rechteck ist, befindet sich ein Produkt oder eine Leistung von Hewlett Packard Enterprise. Das, finde ich, ist verständlich und plakativ, vielleicht etwas zu sehr matrixmäßig. Aber wer weiß schon, wie die Zukunft aussehen wird. Zum Schluss des 30-Sekünders wird das Logo eingeblendet. Grünes langgezogenes Rechteck, darunter "Hewlett Packard" und in der dritten Zeile "Enterprise". Die Frage, die ich mir hier grundsätzlich stelle ist: Wie reduziert darf ein Bildzeichen sein? Wann ist es noch ein Bildzeichen – wann einfach ein Supplement, eine Ergänzung zum Schriftzug? Die Einfachheit hat zudem einen Hang zum Banalen. Und zum Austauschbaren: Denn natürlich gibt es schon Rechtecke, die als Bildzeichen fungieren, zum Beispiel bei "National Geographic". Hier ist das hochgestellte gelbe Rechteck – als Fenster zur Welt – inhaltlich irgendwie sinnstiftender als ein Rechteck, das als Symbol für einen Server oder einen Ladebalken stehen kann.
Mich überzeugt aber insgesamt die Ästhetik, die durch den Auftritt von Hewlett Packard Enterprise entsteht. Es gehört Mut dazu, für ein so großes internationales Unternehmen einen solchen Auftritt mit einem simplen Bildzeichen durchzusetzen. Gleichzeitig hat die Einfachheit eine größere Kraft, als viele auf den ersten Blick vielleicht denken: Sie zeugt von Selbstbewusstsein und Haltung und sieht nach einem potenziellen Marktführer aus.
Denn nur der darf gestalterisch so radikal sein, frei nach dem Motto: Wir sind Marke genug, wir brauchen keine Schmuckelemente mehr. Die fehlende Dynamik in der Form des Bildzeichens muss anschließend die Kommunikation leisten, aber das scheint gut zu funktionieren. Der einzige Wermutstropfen für alle, die nun eine einfache Grundform als Bildzeichen verwenden möchten: Deren Zahl ist leider sehr begrenzt. Man könnte vielleicht etwas Rundes machen...
Aber Schluss damit, jetzt beginnt die zweite Halbzeit und das Runde muss wieder ins Eckige.
Der Autor: Norbert Möller ist seit 2003 Executive Creative Director der Peter Schmidt Group und leitet deren Corporate Design Team am Standort Hamburg. Zu den von ihm betreuten Marken und Unternehmen zählen unter anderem Linde, Henkel, Kühne+Nagel, die Postbank, REWE, die Stadt Hamburg und das Goethe Institut. Möller studierte Visuelle Kommunikation an der HfBK Braunschweig und arbeitet seit 1992 bei der Peter Schmidt Group, darunter von 1999 bis 2003 als Geschäftsführer.