
Benedikt Holtappels über die US-Wahl:
Trump hatte das bessere Storytelling
Ob es uns passt oder nicht: Donald Trumps "Make America great again" ist eine starke, aussagekräftige Kampagne. Sie funktioniert nach Storytelling-Prinzipien, wie sie im Lehrbuch stehen, analysiert W&V-Kolumnist Benedikt Holtappels.

Foto: GGH MullenLowe Group
Ob es uns passt oder nicht: Donald Trumps "Make America great again" ist eine starke, aussagekräftige Kampagne. Sie funktioniert nach Storytelling-Prinzipien, wie sie im Lehrbuch stehen, analysiert W&V-Kolumnist Benedikt Holtappels.
Die Nachrichtenseiten und sozialen Netzwerke kennen seit gestern nur ein Thema: Donald Trump wurde zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt. Die Aufregung um diese Neuigkeiten ist riesig, die Emotionen reichen von Entsetzen und Bestürzung über Resignation, Kopf schütteln bis hin zu Angst.
In meiner Facebook-Timeline machen sich besonders Marketeers und Werber über diese Neuigkeiten Luft. Und obwohl ich selbst nicht glücklich über das Ergebnis bin, so bin ich trotzdem verwundert darüber, dass diese Nachricht für viele so unerwartet kommt.
Aus einem einfachen Grund: Auch wenn Donald Trump fachlich definitiv der schlechtere Kandidat war, so hat er doch eine Sache verdammt richtig gemacht. Und zwar etwas, womit wir Werber uns jeden Tag beschäftigen: Er hat den Menschen einfach die bessere und überzeugendere Geschichte erzählt.
Denn "Make America great again" ist eine starke, aussagekräftige Kampagne und funktioniert nach Storytelling-Prinzipien, wie sie im Lehrbuch stehen:
Das Kampagnenmotto "Make America great again" erzählt eine klare, relevante Geschichte und hat einen einprägsamen Titel, der keine Fragen offen lässt.
Erstens: Die Story folgt im Grunde genommen einem der "Seven Basic Plots" aus dem Buch von Christopher Booker. Sie behandelt das Thema Wiedergeburt mit dem Ziel, Amerika wie Phoenix aus der Asche steigen zu lassen und zu neuem Glanze zu führen.
Zweitens: Seine Kampagneninhalte spiegeln die tiefsten Bedürfnisse und Wünsche vieler Amerikaner wieder – vor allem derjenigen, die sich über Jahre von der Politik vernachlässigt fühlten. Die Inhalte fungieren quasi als Consumer Insights.
Drittens: Er überzeugt die Menschen mit einer starken, emotionalen Tonalität. So marschierte er zur Musik von "Airforce One" nach seinem Sieg in den Saal ein, wo seine Anhänger auf ihn warteten.
Viertens: Darüber hinaus blieb der Unternehmer und Quereinsteiger sich immer treu. Er verstellte sich nicht. Deshalb waren seine Pöbeleinen und Hasstiraden auch am Ende kein Problem für ihn. Er kam am Ende authentischer, echter rüber das die vom Establishment geprägte und auf Wahlkampf getrimmte Gegenkandidatin, der keiner so recht über den Weg traute. Und das ist nicht nur in sich ziemlich konsequent, sondern hebt sich auch deutlich von der Konkurrenzkampagne ab.
Hillary Clinton hat mit "Stronger Together" eine weitaus schwammigere Kampagne erschaffen, von der viele bis heute nicht wissen, was genau sie zum Ziel hatte. Wenn sie auch definitiv die bessere Kandidatin für den Job wäre, so hat es Clinton nicht geschafft, eine gute Geschichte zu erzählen. Eine Story, die Menschen packt und begeistert.
Denn sie hat am Ende nicht viel erzählt. Sie selbst und auch ihre starken Befürworter wie Michelle Obama waren trotz grandioser Reden nicht in der Lage zu vermitteln, wofür Hillary mit ihrer Kampagne und Politik steht. Im Wesentlichen wurde nur immer und immer wieder erklärt, dass sie die bessere Alternative zu Trump ist. Aber leider wurde nicht klar, warum! Im Gegensatz zu Donald Trump vermittelte sie ihnen keine Vision, keine Hoffnung.
Ich will mich hier weiß Gott nicht als Fürsprecher für Trump outen oder die Wahl in irgendeiner Weise befürworten. Aber eins muss uns allen bewusst sein: Dieser Mann hat eine starke und mitreißende Kampagne um seine Person erschaffen und es damit geschafft, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zu werden. Er hat die Herzen der Amerikaner erreicht und mit dem Herzen haben sie gewählt.
Und dass das der richtige Weg war, hat Obama mit seinen Kampagnen und den Themen Hope, Change und "Yes we can" bereits vor ihm erfolgreich bewiesen.
Lasst uns daraus lernen, damit wir in Deutschland nächstes Jahr nicht das Nachsehen haben. Und die AfD die bessere Geschichte hat als die etablierten Parteien.
Der Autor: Benedikt Holtappels ist CEO der GGH MullenLowe Group in Hamburg