
Raffaela Rein, Career Foundry:
User Experience geht alle an: 5 Punkte, die jetzt jeder wissen sollte
Wenn sich Unternehmen stärker an der User Experience (UX) orientieren, ist das "der beste Weg, um sich einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu schaffen", meint Raffaela Rein CEO und Mitgründerin von Career Foundry. Warum sie UX als Boom-Thema 2017 sieht und was die Trends der kommenden Monate sind.

Foto: CareerFoundry
Wenn sich Unternehmen stärker an der User Experience (UX) orientieren, ist das "der beste Weg, um sich einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu schaffen", meint Raffaela Rein*, CEO und Mitgründerin von Career Foundry, einer E-Learning-Plattform rund um UX-Design. "Für mich stellt der wachsende Einfluss von UX eine Möglichkeit zum kompletten Umdenken von Unternehmen dar: weg vom reinen Produktverkauf und hin zum Erlebnis."
Warum sie UX als Boom-Thema 2017 sieht und was die Trends der kommenden Monate sind:
1. Zeitsparendes Design
Gute UX ist intuitiv und spart dem Nutzer Zeit – was man oft in geradlinigen Designs sehen kann, die jeweils immer nur eine Handlung zulassen. Das Unternehmen Uber ist ein ein tolles Beispiel dafür, da hier die Führung durch das Buchungssystem einfach und klar gestaltet ist.
Die zunehmende Entwicklung von Chatbots (wie etwa bei der Berufsberatung der Bundesagentur für Arbeit) und künstlicher Intelligenz bietet immer mehr Möglichkeiten, ein zeitsparendes Design einzurichten. Kunden-Dialog, der über künstlich-intelligente Chatbots abgewickelt werden könnte, sparen nicht nur Usern Zeit, sondern auch Mitarbeitern im Kundenservice.
2. Intelligente Personalisierung
Sowohl Unternehmen als auch Nutzer lieben Personalisierung. Allerdings hat die Personalisierung von Informationen im Jahr 2016 einige Überraschungen mit sich gebracht. Viele Menschen waren schockiert von der Brexit-Abstimmung und dem Wahlausgang in den USA. Überraschend war es deswegen für viele, da ihr soziales Umfeld ihnen den Eindruck verschafft hat, dass die ganze Welt derselben Meinung sei. Auf den Vorschlag, dass Artikel in Zukunft eine komplett unvoreingenommene Sicht einnehmen sollen, gab es gemischte Reaktionen.
Dennoch ist klar: Die nächste Generation personalisierter Erfahrung muss sich anders gestalten. Es ist davon auszugehen, dass sich mehr Medien von der zweiseitigen Berichterstattung lossagen oder bewusst gegensätzliche Meinungen an Orten wie dem Facebook-Newsfeed oder bei Artikel-Empfehlungen auf Nachrichten-Seiten platzieren.
3. Kennzahlen über die Nutzeroberfläche hinaus
Traditionell wird beim Messen von Nutzererfahrungen erfasst, wie viel Zeit der Nutzer auf einer Seite verbringt, wie er sich durch Seiten bewegt oder an welcher Stelle der Nutzer den Kaufvorgang abbricht. Da allerdings immer größere Teile des Erlebnisses über das Digitale hinausgehen – und das Erlebnis zum eigentlichen Produkt wird – werden Unternehmen 2017 anfangen, erlebnisbezogene Kennzahlen, wie beispielsweise den positiven Einfluss auf das Leben des Nutzers, zu erfassen.
Snapchat Spectacles ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie ein Unternehmen es schaffen kann, ein digitales Produkt nahtlos in das Leben von Nutzern zu integrieren. Das moderne Accessoire hat die Art, wie Nutzer mit Snapchat interagieren, optimiert – und das sogar ohne dafür ein Smartphone verwenden zu müssen. Da dem Nutzer ein Mehrzweck-Objekt zur Verfügung gestellt wird, das es einfach und unkompliziert macht, Erlebnisse mit Freunden zu teilen, beeinflusst es ihn positiv. Hier sind in diesem Jahr einige spannende Erkenntnisse zu erwarten.
4. Weitere UX-Jobs und mehr Spezialisierung
UX war schon immer ein breit aufgestelltes Berufsfeld. Obwohl in vielen Stellenausschreibungen noch immer nach einem UX/UI-Designer gesucht wird, steigt gleichzeitig der Bedarf an fachspezifischen Qualifikationen. Während in der Vergangenheit die Spezialisierung hin zu UX-Disziplinen wie CRO (Conversion Rate Optimierung) und IA (Information Architecture) ging, bewegt sich der Trend nun in Richtung neuer Technologien wie Virtual Reality, künstliche Intelligenz, sowie Gesundheit und Fitness.
Da das Erlebnis zum Produkt wird, müssen Unternehmen lernen, dass UX nicht nur die Aufgabe der UX-Designer ist, sondern dass jeder Mitarbeiter UX lernen sollte, um verschiedene Ziele während der Entwicklung des Nutzererlebnisses in die eigene Hand nehmen zu können. Jeder, der eine Rolle in der Entwicklung von an Nutzer gerichtete Elementen spielt, ist Teil des UX-Teams.
5. UX als Führungspraxis
Viele Unternehmen sehen den Nutzen und die Wichtigkeit von UX-Design bei den dem Kunden angebotenen Produkten und Dienstleistungen. Was 2017 – und darüber hinaus - aber noch vorherrschender werden wird, ist die Wichtigkeit von UX-Design für die Mitarbeiter von Unternehmen. Diese Führungspraxis wird dazu führen, dass Führungskräfte sich besser in ihre Mitarbeiter hineinversetzen und in deren Nutzererlebnis hineinfühlen können: Kritisches Hinterfragen des Mitarbeiter-Erlebnisses, wenn diese Ideen äußern, wenn sie beginnen, diese auszuführen und sogar, wenn sie dabei scheitern. Diese Erfahrung wird einen großen Einfluss auf die Motivation von Mitarbeitern haben, Innovationen in alle Aspekte des Geschäfts einzubringen.
Raffalea Rein ist CEO und Mitgründerin von Career Foundry. Das Startup bietet Online-Weiterbildung zum Thema Webdesign und Usability an. Vor CareerFoundry hat sie Unternehmen für Rocket Internet und Axel Springer aufgebaut und als Investmentstrategin für BlackRock gearbeitet.