
Studie von Clear zum "Experience Gap":
Verbraucher zu enttäuschen kostet Millionen
Die Strategieberatung Clear M&C Saatchi hat erstmals untersucht, wie gut aus Sicht der Konsumenten Werbeversprechen und Markenerfahrung zusammenpassen.

Foto: Craw
Ist die Lücke zwischen gewekten Ewartungen und tatsächlichen Erfahrungen mit einer Marke zu groß, kostet das die Unternehmen eine Menge Geld. Allein deutschen Marken entgehen aufgrund der Erlebnislücke ("Experience Gap") jährlich pro Unternehmen zwischen 285 und 525 Millionen Euro Umsatz, je nach Produktkategorie und Marke.
Zu diesem Schluss kommt die "Experience Gap"-Studie der globalen Strategieberatung Clear. Die Tochter der Agenturgruppe M&C Saatchi hat dafür mehr als 34.000 Verbraucher in Deutschland (knapp 9000), Großbritannien, den USA und China befragt.
In der Onlineumfrage wurden 225 Marken in acht Kategorien daraufhin bewertet, wie gut sie Werbung und Markenversprechen mit der Realität in Einklang bringen. Diese Werte wurden zusätzlich mit Wirtschaftsdaten der Unternehmen kombiniert. Den Ergebnissen von Clear zufolge sagen 52 Prozent der Befragten, dass sie die Claims einer Marke nie glauben. 32 Prozent aller Verbraucher geben an, dass die Kluft zwischen Markenversprechen und dem tatsächlichen Markenerlebnis immer breiter wird.
Weitere 61 Prozent der Verbraucher würden die Marke wechseln, wenn sie glauben, dass sie woanders bessere Erfahrungen machen würden.
Lidl behauptet sich gegen Aldi, Autohersteller kämpfen um Vertrauen
Ihre Versprechen am besten erfüllen nach Meinung der deutschen Befragten die Hotelgruppe Steigenberger und die Versicherung HUK. Lidl (Nr. 5 im deutschen Ranking) ist der Einzelhändler mit der kleinsten Lücke im Nutzererlebnis (Gap-Wert).
Das Angebot von Lidl basiert auf einer Verpflichtung zu frischen Produkten, erstklassigem Kundenservice und freundlichen Mitarbeitern. Das wird durchgehalten - und zwar auf einem höheren Standard als Aldi (45).
Am größten ist der Unterschied zwischen Erwartung und Erleben bei Facebook.
Kein deutscher Autohersteller ist unter den Top 20 - mit Rang 23 schneidet Audi noch am besten ab (BMW 27, Mercedes-Benz 39). Als vertrauenswürdigste Automarke im Ranking platziert sich Hyundai auf Platz 7.
Die Automobilmarken haben offenbar Mühe, ihre Versprechen mit dem tatsächlich gelieferten Nutzererlebnis in Einklang zu bringen. Vor allem Volkswagen (78) kämpft darum, Versprechen wie Vertrauenswürdigkeit und geringen Kraftstoffverbrauch einzuhalten. Das zeigt, dass die Marke nach dem Dieselskandal immer noch darum kämpft, das Vertrauen wiederherzustellen.
Gar nicht gut bestellt ist es um die Medienmarken: Keine einzige ist unter den Top 40 zu finden - was die Kategorie zu einer der am schlechtesten abschneidenden macht. Probleme haben vor allem Bild, RTL und ZDF. Laut Studie hielt keine der Marken das Versprechen, informativ und ausgewogen zu sein.
Stärker auf den Kunden ausrichten
Es klingt wie eine Binsenweisheit, anscheinend ist es aber keine: Marken müssen ihr Geschäft stärker auf ihre Kunden ausrichten (mehr zum Stichwort "Customer Centricity" übrigens hier).
Das raten die Clear-Strategen. "Wir glauben, die wichtigste Frage ist, wer für die Schließung der Erlebnislücke verantwortlich ist. CEO, CMO oder CCO?", sagt Damian Symons, Global CEO bei Clear. "Wenn heute Marketingleiter mehr Einfluss am Vorstandstisch fordern, sollten sie auch mehr Verantwortung übernehmen und das Geschäft stärker auf die Kunden ausrichten. Unternehmen investieren meist zu wenig in die Verankerung ihrer Marke im Nutzererlebnis und in der Belegschaft. Wir können nun heruntergebrochen auf die einzelnen Marken zeigen, was diese Fehlausrichtung kostet."
Die Marketingberater empfehlen, Verantwortliche zu benennen, Nutzererlebnisse mit gegebenen Versprechen abzugleichen, glaubwürdiges Marketing zu betreiben, Transparenz in der Markenkommunikation - und Menschlichkeit im Nutzererlebnis. Die Studie bietet Clear hier zum Herunterladen.
Clear ist eine globale Marketingstrategieberatung innerhalb der M&C-Saatchi-Gruppe und unterhält Büros in London, New York, Los Angeles, Dayton, Singapur, Shanghai und seit Neuestem in Frankfurt am Main: In Deutschland ist Clear eine Partnerschaft mit der Strategie- und Transformationsberatung Craw eingegangen; die neue Niederlassung von Clear Deutschland wird von den beiden Craw-Gründern Alexander Wipf und Christoph Riebling als Mitgründer und Gesellschafter geleitet. Beide haben vor der Selbstständigkeit unter anderem bei Isobar Germany/Dentsu Aegis Network, Leo Burnett und KKLD Erfahrungen gesammelt. Craw wird weiter bestehen bleiben.