Was nicht heißt, dass die Aufgabe für Birken einfach ist. "Otto hat mit Altlasten zu kämpfen, die Konkurrenten wie Amazon und Zalando nicht haben. Die meisten Mitarbeiter kommen noch aus einer Ära, in der der Begriff digital ein Fremdwort war. Otto muss sie mitnehmen", beschreibt Heinemann die Lage.

Birken kennt die Probleme. Als Bereichsvorstand für Versandhandel und Chef der Einzelgesellschaft Otto hat er schon bislang rund die Hälfte des Umsatzes der Gruppe verantwortet. Seine Gedanken drehen sich um den Kunden. "Konsumenten zu begeistern, sie abzuholen und zu loyalen Kunden zu machen, Kaufanlässe und Problemlösungen zu schaffen, in Echtzeit und intelligent - das ist unsere Aufgabe", sagte er vor einem Jahr auf einem Kongress. Intern fügte er hinzu, die Otto Group solle zu einem "Sehnsuchtsort" für Kunden, Mitarbeiter und Geschäftspartner werden.

Nach den Worten von Aufsichtsratschef Michael Otto sollen bestimmte Werte im Familienkonzern - soziales Engagement etwa - nicht angetastet werden. Dennoch drängt er. "Wir müssen den Wandel deutlich voranbringen". Das hat er dem dem neuen Chef mit auf den Weg gegeben. Birken muss also den Spagat schaffen: Otto soll seine Werte bewahren und sich dennoch radikal wandeln für die neue Handelswelt. "Kulturwandel bedeutet auch Revolution, nämlich gewohnte Verhaltensmuster zu stören und im Zweifelsfall zu zerstören, um Raum für Neues zu schaffen", sagt Birken, der auch einige Jahre in den USA gearbeitet hat.

Gegenwärtig arbeitet der Vater von vier Kindern gemeinsam mit Kollegen an einem neuen Leitbild und einer Strategie für die Otto Group, die im April von der Führungsmannschaft verabschiedet werden soll.

Der E-Commerce-Experte Heinemann geht davon aus, dass der neue Otto-Chef seine Ziele mit Augenmaß setzen wird: "Der Anspruch, so groß und mächtig zu werden wie Amazon oder Alibaba, wäre bei jedem deutschen Unternehmen überzogen. Das kann Otto als Familienunternehmen nicht schaffen. Aber Otto weiß das auch und ist erfolgreich dabei, Nischen zu besetzen, die Amazon und Co nicht bedienen können oder wollen." Ein Beispiel: Mittlerweile verkauft das Unternehmen nicht nur Fernseher, Waschmaschinen und Tablets - es vermietet sie auch. (dpa)

Alexander Birken, neuer Vorstandsvorsitzender der Otto Group, findet sich auch unter den "100 Köpfen", die W&V zum Jahresende vorstellte. Damit würdigt die Redaktion 100 Menschen aus Marketing, Werbung und Medien, die in diesem Jahr Weichen gestellt haben und von denen wir 2017 noch viel erwarten dürfen. 10 starke Leute in 10 Kategorien: Kreation, Employer Branding, Strategie, Media, Research / Data, Vermarkter, Content, Digitalisierung, Top-Management, Newcomer. Hier geht's zur Einzelheftbestellung.

 


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Autor: W&V Redaktion

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