
Datenschutz:
Vorerst keine Targeting-fähigen Mülleimer in London
Das Londoner Startup Renew hat in der britischen Hauptstadt einen Test mit datensammelnden Mülleimern aufgeben. Die Eimer könnten die Wege der Passanten verfolgen und zugeschnittene Werbung liefern.
Das Londoner Startup Renew hat in der britischen Hauptstadt eine neue Form der Targeting vorbereitet. Mülleimer sollten die Wege der Passanten identifizieren und passende Werbung ausliefern. Das Unternehmen muss nach einem ersten Test aber zurückrudern, wie das Nachrichtenmagazin Focus schreibt.
Renew hat in London zu den olympischen Spielen 2012 Mülleimer aufgestellt, die auf Screens digitale Werbung zeigen. Rund 200 dieser Werbeflächen soll es inzwischen geben. Der Blog Quartz berichtet, dass Renew mit diesen Werbeflächen in Zukunft auch die Laufwege von Passanten verfolgen wolle. In einem ersten Test haben demnach einige der Mülleimer bereits registriert, wie viele Passanten mit Smartphones oder Tablets vorbeigelaufen sind. Wer den Wlan-Empfang seines Geräts eingeschaltet hatte, wurde von den Eimern gezählt. Die Daten seien anonymisiert erhoben und alle drei Minuten an das Unternehmen geschickt worden, schreibt Renew-Chef Kaveh Memari in einem Statement. Er meldete sich zu Wort, nachdem auch "The Independent" das Thema aufgriff und sich die Londoner Stadtverwaltung einmischte. Die City of London hat am Montag zu einem Stopp der Datensammlung von Abfalleimern aufgerufen. Sie habe bereits Kontakt mit dem zuständigen Unternehmen aufgenommen und es aufgefordert, sofort mit der Datensammlung aufzuhören, heißt es in einer Pressemitteilung der City of London. Außerdem sei der Fall an die nationale Datenschutzbehörde weitergeleitet worden.
Für Werbungtreibende wären die smarten Mülleimer ein interessanter Werbeplatz, um personalisierte Anzeigen und Angebote zu platzieren. Der Test fand daher laut "Quartz" auch in der Straße Cheapside statt, wo es viele Läden gibt. Mit einer Bar sei Renew demnach schon in Verhandlungen. Die Bar könnte mit Hilfe der Renew-Technik herausfinden, wie lange ihre Gäste bleiben, ob sie ihre Getränke drinnen oder draußen einnehmen und auch wie hoch der Anteil an Männern bzw. Frauen unter den Gästen ist – eine Messung bei den Toiletten könnte diese Information liefern.
Doch zumindest mit der Auswertung der Wlan-Daten von Smartphones ist Schluss. Zukünftige Entwicklungen seien nicht nur abhängig von Technik, sondern auch davon, dass die Menschen sich mit interaktiver Technik wohl fühlten, resümiert Renew-Chef Memari. Er sehe seinen Test zwar eher als eine große Passanten-Zählung an, dennoch würden die Mülleimer keine Daten mehr sammeln. "Wir würden niemals den Prinzipien des Datenschutzes zuwiderhandeln und wir sind nicht in der Lage, persönliche Daten zu erhalten oder zu veröffentlichen", schreibt Memari Er lud die Leser aber ein, mit ihm in ein Gespräch über die Zukunft des öffentlichen Raumes einzutreten.
Das Timing der Werbe-Mülleimer hätte sicherlich nicht viel schlechter sein können: Die Testphase hatte Anfang Juni begonnen - zur gleichen Zeit hatte der Informant Edward Snowden damit angefangen, Geheimnisse über die Spähprogramme der amerikanischen und britischen Geheimdienste auszuplaudern. Entsprechend sensibel reagierte die Öffentlichkeit.
"Unabhängig davon, was technisch möglich ist, muss alles, was auf der Straße geschieht, mit Vorsicht getan werden, mit der Zustimmung einer informierten Öffentlichkeit", sagte ein Sprecher der Stadt London. "Diese aktuelle Entwicklung war voreilig und benötigt offensichtlich noch weiterer Überlegungen - in der Zwischenzeit muss das Sammeln von Daten, selbst wenn es anonymisiert geschieht, aufhören." (fm/dpa)