
W&V-Interview: 'Nokia muss mit massivem Imageverlust rechnen'
Droht dem Handyhersteller massiver Imageschaden? Diese Frage Diese Frage stellte W&V Online Ralf-Dieter Brunowsky. Der PR-Profi war Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins "Capital" und Gründer der Kölner Agentur BrunoMedia.
Tausende Nokia-Mitarbeiter in Bochum werden ihren Arbeitsplatz verlieren. Das verkündete der Konzern ohne Vorwarnung. Die Mitarbeiter sind schockiert, die öffentliche Diskussion schlägt hohe Wellen. Droht dem Handyhersteller massiver Imageschaden?
Diese Frage stellte W&V Online Ralf-Dieter Brunowsky. Der PR-Profi war Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins "Capital" und Gründer der Kölner Agentur BrunoMedia.
W&V: Aus heiterem Himmel kam die Information, dass Nokia das Bochumer Werk schließen wird. Ist das die richtige Art der Kommunikation?
Ralf-Dieter Brunowsky: Vor so einem großen Schritt müssen zuerst die Mitarbeiter informiert werden. Erst danach sollte man die Öffentlichkeit davon in Kenntnis setzen. Ich weiß nicht, ob Nokia das gemacht hat. Aber die Reaktionen deuten darauf hin, dass das nicht der Fall war. Interne Kommunikation muss in so einem Fall ganz klar vor der externen Kommunikation kommen. Man kann Mitarbeiter nicht über die Medien über ihre Entlassung informieren.
W&V: Nokia steht jetzt als Subventions-Betrüger und Arbeitsplatz-Vernichter da. Wie wirkt sich das auf die Vorzeige-Marke aus?
Brunowsky: Nokia muss mit einem massiven Imageverlust rechnen. Die emotionale Diskussion überträgt sich auf das Image des Handyherstellers. Nokia hat völlig unterschätzt, dass Deutschland und Europa sehr wichtige Märkte sind. Das ist eine sehr naive Art der Kommunikation.
W&V: Rechnen Sie neben dem Imageverlust der Marke auch mit Umsatzeinbußen?
Brunowsky: Das Verhalten von Nokia wird sicherlich nicht ohne Folgen bleiben. Wir werden erleben, dass es Boykott-Aufrufe gibt. Man darf trotzdem nicht vergessen, dass Nokia ein betriebswirtschaftliches Argument hat: Wie zuvor schon andere Handyhersteller feststellen mussten, lohnt sich die Produktion in Deutschland einfach nicht. Wir können nicht bestimmen, was wo produziert wird. Letztendlich sind wir Profiteure der Globalisierung. Nichtsdestotrotz bedeutet die Schließung des Bochumer Werkes einen Schaden für die gesamte deutsche Wirtschaft. Und dafür ist nicht zuletzt auch die schlechte Kommunikation des Unternehmens verantwortlich: Sie vermittelt den Eindruck, dass sie auf die Emotionen der Mitarbeiter und der Kunden keine Rücksicht nehmen. Das stimmt vielleicht gar nicht – aber der Eindruck entsteht. Das wird sich wirtschaftlich niederschlagen. Nokia wird das zumindest an seinen Umsätzen auf dem deutschen Markt spüren. Da bin ich mir 100-prozentig sicher.
W&V: Kann Nokia denn überhaupt noch etwas tun, um den Imageschaden in Grenzen zu halten?
Brunowsky: Zunächst einmal sollte Nokia seine Entscheidung inhaltlich überdenken: Vielleicht kann man die Produktion kurzfristig aufrecht erhalten. Oder man kann neue Angebote schaffen. Vor allem aber muss das Unternehmen versuchen, Vertrauen zurückzugewinnen – das wird eine Weile dauern. Das erreicht man, indem man in Zukunft offener kommuniziert und Entscheidungen besser erklärt. Die Erklärungen sind in diesem Fall ja erst nachgereicht worden. Nokia sollte sich bei den Mitarbeitern dafür entschuldigen, dass man die Entscheidung, das Werk zu schließen, über die Medien kommuniziert hat - vorausgesetzt sie haben tatsächlich vorher kein Gespräch mit den Mitarbeitern geführt.
W&V: Die Emotionen kochen gerade hoch. Ist da eine sachliche Diskussion überhaupt noch möglich?
Brunowsky: Eine sachliche Diskussion ist immer möglich. Aber derzeit hat Nokia die Kontrolle darüber völlig verloren.