
Start-up-Kolumne:
Wann werden wir uns wiedersehen?
Vom Livestreamer bis zum digitalen Lagerfeuer: Sinnvolle Lösungen für die Zeit der Coronavirus-Krise - aber auch danach - stellen Nico Lumma und Christoph Hüning vom Next Media Accelerator bei W&V vor.

Foto: Tomas Medici -The Fish & The Knife / Montage: W&V
Der Coronavirus verändert gerade alles und stellt unser Leben auf den Kopf. Für Medienschaffende bedeutet dies auch, dass sich Arbeitsweisen verändern, weil man mehr Zeit im Home Office verbringen soll und weil soziale Interaktionen von Angesicht zu Angesicht zurückgefahren werden. Wir werden also weniger Konferenzen und Messen besuchen, Pressekonferenzen werden anders stattfinden und wir werden Workshops und Meetings anders abhalten müssen.
Wir reden ja schon länger über dieses ominöse “Digital First”, neben Startups und deren Investoren wie uns tragen auch Scharen von Berater*innen, Coaches und Softwareanbietern diese Losung vor sich her, aber jetzt wird es ausgerechnet von den Virologen verordnet. Wer hätte das gedacht? Natürlich ersetzt kein digitales Werkzeug die direkte Interaktion mit anderen Menschen, aber wir müssen dennoch versuchen, das Beste aus der Situation zu machen und werden vermutlich feststellen, dass wir auch nach der Beruhigung der Lage auf einige Tools nicht mehr verzichten wollen.
Unser Startup Contentflow bietet Livestreaming as a Service an und macht es so für Unternehmen sehr einfach, Live-Inhalte auf den unterschiedlichsten Kanälen auszusenden. Denn natürlich müssen weiterhin Formate in Echtzeit stattfinden, nur eben ohne physikalische Präsenz, sondern live gestreamt. Falls jemand besser lesen kann als hören oder die Kopfhörer nicht dabei hat, werden direkt über Aixonix die Untertitel erzeugt.
In Zusammenarbeit mit unserem Startup Sceenic wird dann quasi ein digitales Lagerfeuer daraus, denn Sceenic ermöglicht durch seine WatchTogether-Technologie den gemeinsamen Video-Abend mit Freunden, nur dass jeder auf seiner eigenen Couch sitzt. So lassen sich natürlich auch Pressekonferenzen realisieren, aber auch Vorträge und Diskussionsrunden streamen und auch daran aktiv teilnehmen. Selbstverständlich finden aktuell auch alle NMA Teammeetings virtuell über Sceenic statt! Zusammen mit Hamburg Startups hat Sceenic das Format #CouchbyCouchwest als Sofa-Konferenz umgesetzt, damit Gründerinnen und Gründer sich zu Innovationsthemen austauschen können.
Künftig werden wir uns viel öfter fragen, ob wirklich jede Geschäftsreise notwendig ist
Wer Veranstaltungen und die damit verbundene Vernetzung vermisst, der kann mit Hopin Events selber bauen, die rein virtuell stattfinden, ohne dass man allerdings einen Avatar braucht. Die Videokamera der einzelnen Teilnehmer reicht völlig aus für eine Unterhaltung, aus der später Geschäft entstehen kann. Der Matchmaking-Anbieter Dealroom Events, mit dem wir auch schon unser NMA Media Match @ OMR bestritten haben, bietet neuerdings ebenfalls Video-Unterstützung an, damit man sich auch unterhalten kann, ohne an einem Tisch sitzen zu müssen. Dabei registriert sich jede*r Teilnehmer*in vorher beim Event, füllt aus, was sie anbietet und sucht, um dann unter den anderen Teilnehmer*innen des Events interessante Gesprächsteilnehmer zu finden. Das ist natürlich keine perfekte Lösung, aber man spart sich Reisekosten und kommt mit interessanten Gesprächspartnern ins Gespräch.
Als wir vor zwei Wochen an dieser Stelle zum ersten Mal über die Auswirkungen des Corona-Virus auf die Medienbranche geschrieben haben, gab es auch Kritik, dass wir dieses Thema als Aufhänger für unsere Themen nutzen. Doch aus unserer Sicht gibt es aktuell kein wichtigeres Thema und während es sicher viel zu sagen und zu diskutieren gibt, wie die richtige politische oder gar medizinische Reaktion auszusehen hat, ist das an dieser Stelle nicht unser Thema, sondern nur die Frage, wie unsere Branche diese Zeit nutzen kann. Die Zahl der abgesagten Events und Reisen in diesen Wochen ist beliebig groß und es wird spannend zu sehen sein, welche Verhaltensänderungen von kurzer Dauer sind und welche bestehen bleiben.
Künftig werden wir uns viel öfter fragen, ob wirklich jede Geschäftsreise notwendig ist oder ein Videocall nicht auch reicht? Sicher ist aber schon jetzt, dass der kurze Schnack am Rande einer Veranstaltung, gerne mit einem Glas Wein in der Hand, uns allen fehlt.