Der offensichtliche Erfolg von Naketano bestärkte den 50-Jährigen dann 2016 zunehmend in dem Verdacht, getäuscht worden zu sein. Erst jetzt schaute er genauer hin: Statt 9 Millionen Euro, wie vom Gutachter für 2013 prognostiziert, erlöste Naketano tatsächlich 15,5 Millionen Euro. Entsprechend höher fiel auch der Gewinn aus. Sein Verdacht: Dem Gutachter seien Zahlen vorenthalten worden. 

Im Mai 2017 hat der Unternehmer deshalb die beiden früheren Geschäftspartner beim Landgericht Essen verklagt. Er will seine Anteile zurück. Anfang 2018 kam dann die Ankündigung für das Aus von Naketano. Es sei Zeit für eine Veränderung, zitierte die Fachzeitschrift "Textilwirtschaft" damals aus einem Schreiben an die Händler. Firma und Marke stünden nicht zum Verkauf.

Eine Marke stirbt, eine Marke wird geboren?

Der frühere Gesellschafter glaubt, dass der Rechtsstreit über die Eigentümerverhältnisse der Auslöser für den Markenselbstmord ist. Denn die Klage erschwere es, einen Käufer für das Label zu finden. Und wenn die Klage erfolgreich ist, werden seine Anteile nach dem Marken-Aus nicht mehr viel wert sein.

Seine Vermutung ist, dass die Gründer die Marke Naketano sterben lassen, aber bereits an einem neuen Label arbeiten.  

Gegenüber Spiegel Online äußern sich Naketano und die Gründer nicht. Aus den Gerichtsakten lässt sich laut dem Nachrichtenportal jedoch herauslesen, dass sie sämtliche Anschuldigen zurückweisen und den früheren Gesellschafter stattdessen der Nachlässigkeit bezichtigen. 

Provokante Interpretation von "Brave new word"

Was auch immer der Grund für das Ende von Naketano ist, viele Kunden trauern der Marke jetzt schon hinterher. Naketano und seine Kordelpullis haben Erfolg vor allem bei den Millennials, das Label gab sich einen veganen Anstrich, verzichtete auf Materialien wie echtes Leder. Immer mehr Einzelhändler nahmen die Streetwear-Marke deshalb bundesweit in ihr Sortiment auf, freuten sich über die Wachstumsraten, die ihnen das Label bescherte.

Und Aufmerksamkeit war der Marke mit dem Claim "Brave new word" immer gewiss, weil sie mit ihren sexistischen Produktnamen polarisiert und immer wieder den schmalen Grad des guten Geschmacks verlässt. Trotzdem kleiden sich nach wie vor junge Menschen gerne in Naketano-Kapuzenpullover oder Jacken mit Namen wie "Muschifurz", "Global Asozial am Blasen" oder "Zeich ma Titten".

Das Ergebnis stieg stetig - 2015 auf 23 Millionen Euro. Neuere Zahlen liegen laut "Bundesanzeiger" nicht vor.  


Autor: Frauke Schobelt

koordiniert und steuert als Newschefin der W&V den täglichen Newsdienst und schreibt selber über alles Mögliche in den Kanälen von W&V Online. Sie hat ein Faible für nationale und internationale Kampagnen, Markengeschichten, die "Kreation des Tages" und die Nordsee. Und für den Kaffeeautomaten. Seit 2000 im Verlag W&V.