
Interview:
Was macht eigentlich Regine Haschka-Helmer?
Regine Haschka-Helmer war jahrelang Chefin von I-D Media, heute berät sie mit Seedlab Unternehmen beim Aufbau ihrer eigenen Digitalstrategie. Mit W&V Online hat sie darüber gesprochen, warum es für große Unternehmen oft leichter ist, mit Start-ups zusammenzusarbeiten, statt digitale Innovationen intern anzustoßen.
Regine Haschka-Helmer war jahrelang Vorstandsvorsitzende von I-D Media, heute berät sie mit Seedlab Unternehmen beim Aufbau ihrer eigenen Digitalstrategie. Sie identifiziert geeignete innovative Geschäftsmodelle und begleitet die Kooperation mit Start-ups. Mit W&V Online hat sie darüber gesprochen, warum es für große Unternehmen oft leichter ist, mit Start-ups zusammenzusarbeiten, statt digitale Innovationen intern anzustoßen.
Frau Haschka-Helmer, warum ist es für große Unternehmen so schwierig, Innovationen im Digital-Bereich anzustoßen und zu organisieren?
Es gibt immer wieder Bemühungen, interne Innovationsabteilungen aus- und aufzubauen, und bei langfristigen Innovationsprozessen sind sie durchaus erfolgreich. Aber nicht immer bei digitalen Entwicklungen. Die vollziehen sich in hoher Geschwindigkeit und gerade größere Unternehmen sind da viel zu schwerfällig, um schnell reagieren zu können. Sie scheitern häufig an ihren eigenen langwierigen Prozessen.
Haben größere Unternehmen auch größere Schwierigkeiten mit digitalen Innovationen als kleinere?
Größere Unternehmen ruhen sich gerne auch mal auf ihren Erfolgen aus und verpassen dann Entwicklungen. Die Telcos beispielsweise haben viele digitale Trends verschlafen. Die Voice-Over-IT-Telefonie etwa haben sie anfänglich nicht ernst genommen. Oder nehmen sie den Chat-Dienst "Whatsapp". Da ersetzt ein Start-up mit seinem Angebot große Teile des SMS-Marktes und Unternehmen reagieren nicht schnell genug. Ein anderes Beispiel ist die Musik-und Verlagsindustrie. Sie wurde durch die Digitalisierung erschüttert und erholen sich jetzt nur langsam. Gefahren von außen werden oft entweder unterschätzt oder es wird zu langsam darauf reagiert.
Sie empfehlen Unternehmen die Zusammenarbeit mit Start-ups. Was bringen Kooperationen mit Start-ups?
Im Idealfall profitieren beide Seiten. Unternehmen haben für Start-ups einiges zu bieten. Sie können ein Netzwerk zur Verfügung stellen, für Reichweite sorgen und erhalten dafür beispielsweise mehr Kundenservice oder Zugang zu neuen Geschäftsmodellen. Auf der anderen Seite kann das Unternehmen neue Geschäftsmodelle integrieren und dadurch das eigene Angebot erweitern.
Wie kann das konkret aussehen?
Die Schweizerischen Bundesbahnen kooperiert beispielsweise seit kurzem mit "park.it". Das Start-up vermietet über eine App private Parkplätze. Einige der SBB-Parkplätze werden nun auch über die App vermarktet. Die Bahn erschließt sich dadurch eine schöne zusätzliche Einnahmequelle und bietet ihren Kunden dadurch einen besseren Service bei der Anreise zum Bahnhof. Park.it wird bei Bahn-Kunden bekannter und kann sein Parkplatz-Angebot erweitern. So profitieren beide Seiten davon.
Viele große Unternehmen schmücken sich mit Inkubatoren-Programmen und unterstützen Start-up Gründer. Ist es nicht auch ein bisschen hip, so etwas zu machen?
Die Start-up-Branche bekommt in Deutschland momentan eine extrem hohe Aufmerksamkeit. Das sieht man ja in Berlin. Dass es bei dem Engagement für Start-ups aber vor allem um Imagegewinn geht, ist nicht der Fall. Die Motivationen dafür sind Business-fokussiert. Für Unternehmen ist es wichtig, mitzubekommen und schnell umzusetzen, was ihre Kunden wollen und was sich am Markt bewegt. Digital Natives haben eine große Konsumkraft, die sich auf alle möglichen Bereiche auswirkt. Das verändert Kaufentscheidungen und ganze Branchen.
Inwiefern?
Früher hat die Familie beim Autokauf zum Beispiel diskutiert, welche Farbe das Auto haben soll. Heute fragt der Jugendliche: Kann ich da meinen iPod anschließen und gibt es Streaming Dienste? Da kommen plötzlich digitale Themen um die Ecke, die Unternehmen mit der Zusammenarbeit mit Start-ups gemeinsam schneller anbieten und in ihre Produkte integrieren können.
Wo sind die Grenzen für solche Kooperationen?
Jedes Unternehmen braucht eine eigene Strategie, muss seine Ziele und ausreichend Budget festlegen. Interessant sind Kooperationen für alle Firmen, die eine Digitalstrategie entwickeln wollen und sich digitale Geschäftsmodelle suchen und erschließen möchten. Es muss aber auch klar sein, dass sich im Unternehmen Türen öffnen müssen und Mitarbeiter dafür zur Verfügung gestellt werden. Und nach einer Kooperation geht es darum, die Ergebnisse wieder zu integrieren und in die Konzernstruktur zu überführen.
Bei so einer Zusammenarbeit treffen doch auch ganz unterschiedliche Unternehmenskulturen aufeinander. Was gibt es da für Schwierigkeiten?
Das funktioniert oft sehr gut. Auf beiden Seiten sind meistens unternehmerisch denkende Menschen, denen an einer guten Kommunikation gelegen ist. Bei den Unternehmen setzen sich meist diejenigen Mitarbeiter ein, die Spaß an so einer Kooperation haben und die Start-ups schätzen die Erfahrung und Kompetenzen. Häufig werden Co-working-Büros eingerichtet, meist extern, etwas abseits des Tagesgeschäfts. Beliebt sind alte Fabriken und coole Büros. Unterschiedliche Unternehmensstrukturen müssen beide Seiten respektieren dann können gemeinsam innovative Produkte umgesetzt werden.