In der weiteren Auseinandersetzung wirkt der Spot auf die Probanden allerdigs rätselhaft. Es fällt ihnen schwer, die Katze einzuordnen: Mag oder bewundert sie das Auto, fühlt sie sich von ihm überlistet oder verraten, oder ist ihr das alles völlig egal? Dass sich der Spot derart entzieht, beginnt die Zuschauer irgendwann zu nerven. Einige fangen an zu schimpfen ("Wollen die mich veräppeln?"), reiben sich an der Musik ("nervendes Miauen") oder flüchten aus der Gruppe auf die Toilette.

Der Ärger der Befragten hat nicht zuletzt damit zu tun, dass der Spot die Psychologie des Autofahrens quasi gegen den Strich bürstet, indem er sowohl der Katze, dem autonomsten Tier, als auch dem Zuschauer die Kontrolle entzieht. Die Katze fällt wie ein Unfallopfer auf die Nase, der Zuschauer versteht nur Bahnhof.

Im Hinblick auf die Werbewirkung ist das natürlich ein Problem, denn beim Autofahren geht es darum, selbst am Steuer zu sitzen und Kontrolle auszuüben. Mercedes gibt hier seine Steuerungskompetenz aus der Hand und profiliert sich nicht als verlässlicher Wegbegleiter.

Vollkommen für die Katz ist der Spot dennoch nicht, denn interessanterweise hat die absurde Provokation des Werbefilms auch eine produktive Seite. Je mehr die Befragten über den Spot rätseln, desto mehr halten sie sich am Auto fest, das sie ausprobieren wollen. Wie eine paradoxe Intervention provoziert der Stillstand des Spots den Wunsch, einzusteigen und aerodynamisch davonzubrausen.

Der Spot provoziert die Zuschauer, wie sich das für einen Viral-Spot gehört. Kritisch anzumerken ist jedoch, dass er das Kernbedürfnis der Kategorie (Autonomie) nicht bedient und damit der Marke Mercedes die Steuerungskompetenz entzieht. Als ­paradoxe Intervention gelingt es jedoch, beim Zuschauer den Wunsch zu wecken, den CLA Probe zu fahren.

Fazit

Der Spot provoziert die Zuschauer, wie sich das für einen Viral-Spot gehört. Kritisch anzumerken ist jedoch, dass er das Kernbedürfnis der Kategorie (Autonomie) nicht bedient und damit der Marke Mercedes die Steuerungskompetenz entzieht. Als ­paradoxe Intervention gelingt es jedoch, beim Zuschauer den Wunsch zu wecken, den CLA Probe zu fahren.


Conrad Breyer, W&V
Autor: Conrad Breyer

Er kam über Umwege zur W&V. Als Allrounder sollte er nach seinem Volontoriat bei Media & Marketing einst beim Kontakter als Reporter einfach nur aushelfen, blieb dann aber und machte seinen Weg im Verlag. Conrad interessiert sich für alles, was Werber- und Marketer:innen unter den Nägeln brennt. Seine Schwerpunktthemen sind UX, Kreation, Agenturstrategie. Privat engagiert er sich für LGBTQI*-Rechte, insbesondere in der Ukraine.