
Auflagen-Clinch:
Werbung mit IVW-Zahlen? "Spiesser" siegt über "Bravo"
Das OLG München hat die Klage der "Bravo"-Mutter Bauer gegen das Jugendmagazin "Spiesser" abgewiesen. Es geht um Werbung mit Auflagenzahlen.
Den seit Jahren schwelenden Rechtsstreit zwischen der "Bravo"-Mutter Bauer und dem "Spiesser" hat das Oberlandesgericht (OLG) München erst einmal entschieden – und die Klage der Hamburger "in zweiter Instanz im Wesentlichen abgewiesen", wie der Anwalt des Dresdner "Spiessers" mitteilt. Das erstinstanzliche Verbot der "Spiesser"-Werbung mit IVW-Zahlen sei aufgehoben, der Bauer Verlag habe zwei Drittel der Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen, heißt es.
Bauer hatte vor dem Münchner Kadi auf Unterlassung geklagt und Schadensersatz vom Jugendmagazin "Spiesser" verlangt. Im vergangenen Jahr gab das Landgericht München Bauer recht. Demnach durfte "Spiesser" nicht mit der IVW-Auflage um Anzeigenkunden werben, wenn "Auslegestellen" eingerechnet sind, "an denen die Schüler keinen tatsächlichen Zugang zu der Zeitschrift" haben. Im August startete der Berufungsprozess, den das OLG München am Donnerstag beendet hat. Die Folgerung des Dresdner Mitbewerbers lautet nun: "Jugendzeitschrift Spiesser darf mit IVW-Zahlen werben".
Hintergrund: Der Bauer Verlag bezweifelt die Verbreitung des seit 1994 erscheinenden "Spiesser" mit angeblich knapp 500.000 Exemplaren: Wie lasse sich das belegen, wenn das Blatt nur ausliegt und nicht verkauft wird? Die lange marktführende "Bravo" hat laut IVW immer mehr an Auflage verloren und versucht gerade, unter einer neuen Chefredaktion und mit einem kompletten Relaunch den Niedergang zu stoppen. Die Zeit drängt: Innerhalb von zwei Jahren hat sich die Auflage nach IVW nahezu halbiert - im zweiten Quartal dieses Jahres ist "Bravo" nur mehr mit einer verkauften Auflage von 226.000 Exemplaren gelistet. Bauer bezweifelte zudem immer, dass der "Spiesser" als Konkurrenzheft in den meisten Schulen ausliegt. Wo dies doch der Fall sei, geschehe es oft ohne Genehmigung der Schulleiter. Deren Zustimmung spiele aber keine Rolle, machte der Vorsitzende Münchner Richter Konrad Retzer bereits in der mündlichen Verhandlung klar. "Spiesser"-Geschäftsführer Frank Haring will in dieser Frage erst einmal die schriftliche Urteilsbegründung des OLG abwarten.
Schon in der Mitteilung nutzt Haring die Freigabe durch den Kadi und fängt an, für seine Jugendpostille zu trommeln. Er spricht vom "größten Reichweitenzuwachs bei Jugendzeitschriften". Wichtiger als die Verbreitung finde er allerdings die jüngst von der Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse (AWA) erhobene tatsächliche Leserzahl. "Gemäß AWA kommt der Spiesser mit seiner Auflage von einer halben Million Exemplaren auf einen Zuwachs um 14 Prozent von 500.000 auf 570.000 Leser je Ausgabe. Beim Wachstum steht Spiesser in der Gattung der Jugend-, Schüler-, Studenten- und Musikzeitschriften mit Abstand an erster Stelle", heißt es.