Andere, wie der Multimediaproduzent Brian Storm, den wir in New York getroffen haben, glauben, dass die Zukunft den freien Journalisten gehört, die sich zum Beispiel zu kleinen Medienunternehmen zusammenschließen. Wieder andere sind überzeugt, dass die Zukunft den journalistischen Laien gehört: Youtube-Bloggern, Bürgerjournalisten, Facebook-Aktivisten.

Wie es genau weitergehen wird, das konnte uns niemand sagen. Eine Überlegung aber haben fast alle Kollegen geteilt: Journalisten werden zwar viel lernen müssen: Zum Beispiel wie man in der digitalen Welt schreibt und recherchiert, wie man ohne Verlage Geld verdient, und vielleicht auch, wie man programmiert. Aber das grundlegende Handwerkszeug, was man braucht, um ein guter Journalist zu sein, wird dasselbe bleiben: Sauber recherchieren, fair sein, wissen, wie man eine Geschichte erzählt.

Welches Projekt hat Sie besonders überzeugt?

Besonders beeindruckt hat uns das Recherche-Büro ProPublica als Alternative zum klassischen Verlagsmodell. Weil es ein Modell ist, das funktioniert und weil es nicht ein einzelnes Projekt ist, sondern ein Konzept, das sich auf viele Länder übertragen lässt. Aufwändige Langzeitrecherchen werden kaum mehr finanziert. Gerade Investigativrecherchen sind es aber, die Missstände aufdecken und die Demokratie stärken. Wenn wir als Gesellschaft nicht darauf verzichten wollen, müssen wir sie zum Allgemeingut machen.

Inwiefern hat die hiesige Debatte um das Zeitungssterben, die zur Zeit Ihres Aufbruchs aufkam, das Projekt beeinflusst?

Es war Zufall, dass gerade in der Woche, in der wir losgefahren sind, die "Frankfurter Rundschau" Insolvenz angemeldet hat und kurz darauf die Einstellung der "Financial Times Deutschland" bekannt wurde. Klar, berührt uns das, wir sind ja beide Printjournalistinnen. Und zu sehen, wie viele gute Kollegen ihre Stellen verlieren, ist traurig. Aber die Reaktionen auf das Zeitungssterben haben sich manchmal angehört, als würde der Qualitätsjournalismus sterben, nur weil die gedruckte Zeitung stirbt. Da kommt man sich fast naiv vor, wenn man denkt: Lasst uns doch versuchen, ob es auch anders geht! Vielleicht können neue Geschäftsmodelle auch erst wachsen, wenn man sich von den alten löst. Wir haben auf unserer Reise ziemlich viele Leute getroffen, die den Mut hatten, genau das zu tun. Das hat uns motiviert, auch selbst Neues ausprobieren zu wollen.

Was können wir hierzulande von den Medienmachern im Ausland lernen?

Uns war klar, dass wir auf der Reise nicht das ultimative Heilmittel gegen das Zeitungssterben in Deutschland finden würden. Danach haben wir auch nicht gesucht. Es ging uns vor allem darum, einen Geist einzufangen und der trüben Stimmung in Deutschland etwas entgegen zu setzen. Unsere Interviewpartner haben uns mit einem Optimisums angesteckt, der in Deutschland oft fehlt. Sie nutzen die Chancen, die der digitale Wandel bringt, statt Angst vor ihm zu haben. Ob das ein Bürgerjournalist ist, der in São Paulo aus den Favelas berichtet und das Internet als Verbreitungsplattform nutzt oder ein Datenjournalist in London, für den das Netz die Recherchequelle ist und der gemeinsam mit seinen Lesern Geschichten recherchiert.

Online wird in Deutschland oft noch nicht als gleichwertiges Produkt betrachtet. Dass man Erfolg haben kann, wenn man es ernst meint, wurde uns unterwegs bewiesen.

Sind die Vorschläge überhaupt auf die deutsche Medienlandschaft anwendbar?

Manche schon. Simon Rogers vom "Guardian" zum Beispiel hat uns von seinem Data Blog erzählt. Das Blog lebt davon, dass Journalisten und Leser gemeinsam große Datensätze durchforsten, komplexe Recherchen gemeinsam stemmen und über die Ergebnisse diskutieren. Diese Art der Leserbeteiligung gibt es ja in Deutschland ja auch, wenn auch noch nicht so weit verbreitet. Die "Taz" hat zum Beispiel vor kurzem die Plattform Hochschulwatch gestartet – da können sich Studenten, Dozenten, Forscher an die Öffentlichkeit wenden, wenn sie glauben, dass ihre Unis zu eng mit der Wirtschaft verbandelt sind und die Freiheit der Forschung nicht mehr gewährleistet wird – so eine Art Wikileaks für Universitäten. Und die "Taz"-Journalisten prüfen, ob die auf Hochschulwatch geposteten Fälle tatsächlich stimmen.

Wie hat sich Ihr Arbeiten seit der Rückkehr verändert?

Wir sind beide in unsere klassischen Print-Jobs zurückgekehrt. Aber wir sind sensibler geworden für andere journalistische Formen, wir werden einen größeren Horizont haben, wenn wir unsere nächsten Recherchen planen: Welche Geschichte lässt sich besser in Bildern erzählen und welche schreibt man besser auf? Wo sagt eine Grafik mehr als ein Text? Wann ist es sinnvoll, in Facebook zu recherchieren, wann sollte man versuchen, mit Datenjournalisten und Programmierern zusammenzuarbeiten? Und lässt sich vielleicht die eine oder andere Recherche über Crowdfunding finanzieren. Simon Rogers vom Guardian hat in London zu uns gesagt: "Journalismus ist keine Einbahnstraße mehr. Er ist jetzt ein Dialog zwischen Journalist und Leser." Dieser Dialog kann ja sehr anstrengend sein, weil die Diskussionskultur auf den Online-Plattformen nicht immer die beste ist. Aber wenn es uns gelänge, einen guten Weg zu finden um besser mit denen zu kommunizieren, die unsere Texte lesen, dann wäre das ein guter Schritt.

Zum Abschluss Ihre persönlichen Prognosen: Die Zukunft des Journalismus …

... wird dann gut, wenn wir keine Angst vor ihr haben.