
Werbung in eigener Sache:
Woran Sebastian Turner in Stuttgart scheiterte
Einer der brillantesten ehemaligen deutschen Werber ist in Stuttgart mit seiner Kampagne in eigener Sache gescheitert. Warum?
"Dahinter steckt immer ein kluger Kopf" (FAZ) und "Wir können alles - außer Hochdeutsch" (Baden-Württemberg) - das sind nur zwei der herausragendsten Kampagnen, die unter Sebastian Turners kreativer Führung bei dessen ehemaliger Agentur Scholz & Friends entstanden sind. Ein kluger Kopf ist Turner zweifellos - und schwäbisch kann der "zweisprachig aufgewachsene" Turner heute immer noch, obwohl es ihn beruflich später nach Berlin verschlagen hat.
Woran also ist der begnadete Ex-Werber bei seiner Kampagne in eigener Sache (um den Stuttgarter OB-Sessel) gescheitert? Turners Strategie bestand vor allem darin, sich als unabhängiger Quereinsteiger zu profilieren; als normaler Bürger, der in einer vom quälenden Bahnhofsstreit zerrissenen und gespaltenen Stadt auf eine neue Kultur des Miteinanders und der Bürgerbeteiligung setzt.
Turners Leute haben sich ins Stuttgarter Nachtleben gestürzt und in Szenelokalen für den OB-Kandidaten geworben. Sebastian Turner zeigte sich in der U-Bahn - und wollte damit verdeutlichen: Ich bin ein Normalo, einer von euch.
Weil jeder weiß, wie wichtig Storytelling ist, verbreitete er Geschichten wie die, dass er als Vierjähriger beim heutigen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann auf dem Schoß saß und dass er später bei den Stuttgarter Kickers zusammen mit Jürgen Klinsmann gekickt hat. Vieles davon verriet allerdings mehr über seinen Ehrgeiz als über seine Person.
Die beiden größten Mängel der Turner-Kampagne waren zum einen, dass er inhaltlich viel zu blass blieb. Und dass er nach dem ersten Wahlgang plötzlich auf Konfrontation setzte, während er zuvor immer davon gesprochen hatte, die gespaltene Stadt einen zu wollen. Das ging auf Kosten seiner Glaubwürdigkeit.
Aber natürlich ist Kommunikation nicht alles. Selbst die beste Kampagne kann am Ende nicht zum Erfolg führen, wenn der Kandidat von der Partei, die ihn nominiert hat, nämlich von der CDU, nicht die nötige Unterstützung bekommt. Große Teile der konservativen Partei konnten sich nicht mit dem parteilosen Ex-Werber anfreunden.
So fragte der CDU-Altvordere, ehemalige Finanzminister und Ex-VfB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder, ob nun alle aus der Partei austreten müssten, wenn man mit Parteibuch keine Chance mehr habe.
Das war vor der Wahl. Jetzt weiß man bei der CDU: Nein, ohne Parteibuch geht es auch nicht.