
Zeit, SZ, RTL II: Medien setzen erste Duftmarken bei Pinterest
Pinterest ist die neue Marke im Social Web und sorgt für Schlagzeilen. W&V Online hat die virtuelle Pinnwand abgesucht - und erste deutsche Medienmarken gefunden.
Pinterest gilt als DER neue Shooting-Star im Social Web - und ist vor allem bei Frauen beliebt. Das Foto-Album der sozialen Netzwerke zählt im Februar dieses Jahres 268.000 Besucher – ein dicker Sprung auf niedrigem Niveau, haben doch noch im Mai vergangenen Jahres nur 2000 User auf der virtuellen Pinnwand vorbeigeguckt und Bilder angeheftet. "Focus" hat gerade analysiert, dass die Besucherzahl auf Pinterest hierzulande gegenüber Januar um das Vierfache angestiegen ist, ganz zu schweigen vom Mutterland USA: Dort ist Pinterest mit inzwischen 17,8 Millionen Besuchern schon eine echte Social-Media-Größe. Markenhersteller tummeln sich mit schicken Fotozeugnissen schon gerne auf der Plattform – Eldorado für den E-Commerce?. Doch wo bleiben die Medien, die inzwischen das Social Web auf der Suche nach neuen Zielgruppen für sich entdeckt haben?
Erste Duftmarken an der Online-Pinnwand hinterlässt die Medienbranche bereits – sogar die deutschen Vertreter. Natürlich ist vor allem Bildgewaltiges bei Pinterest zu finden. Ist die Urheberfrage bei Fotos geklärt, kann die digitale Pinnwand durchaus zu einem Aushängeschild für die Printbranche und ihre Online-Beiboote werden. Stark vertreten: die Truppen von "Zeit Magazin" und "Zeit Online". Erstere heften ab, was an schönen Bildstrecken machbar ist. "Zeit Online" promotet witzige Blogs auf Pinterest. Mit ihrer ganzen Produktfamilie ist auch die "Süddeutsche Zeitung" auf der jungen Web-Plattform vertreten – von "SZ" über "SZ Magazin" und "Jetzt.de" bis hin zum neuen "SZ Digital". Auffallend: Viele verweisen auf den engen Bezug zwischen Pinterest und Twitter.
Einen "inoffiziellen" Auftritt hat das ZDF. Welche Fans auch immer das sind (Intern? Extern?): Sie nutzen Pinterest, um Programmtipps für den Hauptsender und die drei digitalen Ableger ZDFneo, ZDFkultur und ZDFinfo dort zu hinterlassen, selbstverständlich mit schicken Fotos. Ein prima Denkanstoß für das ZDF – wo doch die Mainzer eifrig twittern und Facebook nutzen.
An Privatsendern ist beispielsweise RTL II schon einmal auf der US-Plattform präsent; der Sender hat gerade den starken Einfluss von Social Media auf sein Vorabend-Format "Berlin – Tag & Nacht" ausgemacht. Bei Pinterest ist für die Nachrichtentruppe des Münchner Senders, die von Köln aus arbeitet, eine Pinnwand aufgestellt, auf der die Sprecher des Formats via Bild der Internetgemeinde vorgestellt werden. RTL II fühlt vor. Auffallend ist, dass ProSieben mit Aushängeschildern wie Stefan Raab auf Pinterest noch Zurückhaltung übt – ist der Sender aus der ProSiebenSat.1-Familie doch sehr rege im Social Web (mit unzähligen Twitter-Feeds und umfassenden Facebook-Seiten seiner wichtigsten Formate). Doch dort heißt es auf Anfrage, Pinterest sei für den Social-Media-Mix von ProSieben zurzeit kein Thema. Man beobachte, wie sich der Auftritt entwickle. Forscher sind da jene Medien, die im Netz groß geworden sind wie Tape.TV, das sich als Musikfernsehen im Internet etabliert und Pinterest als weiteres Aushängeschild bereits entdeckt hat.
Nüchtern betrachtet sind 268.000 Besucher im Februar noch keine Reichweite, die eine eigene Pinnwand auf Pinterest unbedingt erforderlich macht. Umso erstaunlicher ist, dass bereits erste Medien Duftmarken setzen und sich bei jungen und vor allem weiblichen Usern virtuell platzieren. Manche Printmarken, die noch ein Engagement auf Pinterest abwägen mögen, sind bereits mit vielen Motiven auf der Online-Plattform vertreten. So etwa die Burda Style Group – viele Userinnen posten unzählige Schnittmuster aus dem Hause, ohne dass der Konzern selbst involviert ist. Burda-eigen ist bisher nur die Pinnwand der Felix-Burda-Stiftung, die über Darmkrebsvorsorge aufklärt.
Frauenaffine Magazine sind im deutschen Part von Pinterest noch nicht zu finden - was sich stündlich ändern kann bei der neuen Lust an Pinterest; für die "Cosmopolitan" bricht die US-Ausgabe die erste Lanze für das Bilderportal. Andere Länderausgaben wie jene aus Frankreich oder Großbritannien haben nachgezogen, die deutsche Variante fehlt noch. Weit gefehlt, wer denkt, dass sich der "Playboy" schon bildgewaltig verankert hat – auf Pinterest hat sich nur Playboy TV mit einer bisher leeren Leinwand registriert; Bunny-Bilder fehlen noch. Aber vielleicht ist die Zielgruppe dann doch zu weiblich...
Zu verachten ist die Bedeutung von Pinterest für die Medienbranche nicht (ebenso bei Web-Shops): Die virtuelle Pinnwand wird für US-Publisher zu einem immer wichtigeren Traffic-Lieferanten und hat Twitter und Google in der Bedeutung bereits überholt, so eine recht aktuelle Studie von Shareaholic. Das Unternehmen aggregiert Daten von 200.000 Publishern mit einer monatlichen Reichweite von 270 Millionen Unique Usern. Das Ergebnis: Im Februar vermittelte Pinterest im Schnitt rund 1,05 Prozent aller Besucher auf Publisher-Websites. Google lag hier bei 0,9 Prozent, Twitter bei 0,8 Prozent. Lediglich Facebook (6,83 Prozent) und StumbleUpon (1,29 Prozent) liegen noch vor Pinterest.
Und so funktioniert Pinterest:
- Nutzer können auf Pinterest einerseits selbst Fotos hochladen und auf eigenen virtuellen Pinnwänden ("Boards") präsentieren.
- Beliebt macht das einfache "Repinnen" fremder Bilder - einfach über ein eigenes Bookmarklet für den Browser. So können Nutzer nicht nur Fotos anderer Pinterest-User über den "Repin"-Button in ihre eigenen Boards schieben, sondern auch von jeder Website übernehmen – mit allen Urheberrechtsproblemen.
- Die voreingestellte Verknüpfung mit Facebook und Twitter schafft hohe Reichweiten.
- Der Dienst startete im März 2010 zunächst in eine geschlossene Beta-Phase für ausgewählte Nutzer.
- Mittlerweile kann jeder User ein Profil anlegen, der eine Einladung ergattert.
- Besonders schwer ist das allerdings nicht: Aktive Pinterest-User haben die Möglichkeit, weitere Nutzer an Bord zu holen - und tun dies eifrig.