
Medientreffpunkt Mitteldeutschland:
Zusammenfinden statt zerfleischen: TV-Branche stimmt neue Töne an
Google, Youtube, Netflix: Um gegen diese internationale Konkurrenz bestehen zu können, forderten Senderchefs beim Medientreffpunkt Mitteldeutschland mehr Miteinander der klassischen Medien als bisher.
Ungewohnt friedliche Töne haben Spitzenvertreter der öffentlich-rechtlichen und der privaten Sender am Mittwoch in der Abschlussrunde des Medientreffpunkts Mitteldeutschland zur "Balance der neuen Vielfalt" angeschlagen. Vielleicht mag es ja auch daran gelegen haben, dass sich einen Tag zuvor die neue und starke Konkurrenz in Person des Netflix-Gründers Reed Hastings in Berlin bei der deutlich stärker bsuchten Media Convention Berlin, die im Rahmen der Netzkonferenz Re Publica stattfand, über die Zukunft des Bewegtbilds ausgelassen hat. Jedenfalls müssten die Medienanbieter in Deutschland angesichts der wachsenden internationalen Konkurrenz ihre Grabenkämpfe beenden und - gemeinsam mit der Politik in der Medienregulierung - einen Konsens anstreben, so eine Forderung in Leipzig. "Wir müssen uns dringend zusammenfinden", schlägt der ARD-Vorsitzende und NDR-Intendant Lutz Marmor beim Medientreffpunkt Mitteldeutschland vor - und bezieht auch die Verleger mit ein. Der Streit um die "Tagesschau"-App etwa oder jüngste Beschwerden der Privaten unter dem VPRT gegen das Investigativ-Bündnis von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" sind für Marmor Beispiele solcher Grabenkämpfe.
Man müsse gemeinsam daran arbeiten, eine flexible Regulierung zu finden. Es gilt, deutsche gesellschaftliche Interessen in einer globalen digitalen Medienwelt zu stärken. Statt Konflikte im Streit auszutragen, könnte eine medienübergreifende Schiedsgerichtsbarkeit geschaffen werden, für die Leipzig als Ort und die Medienanstalten als maßgebliche Akteure vorgeschlagen haben.
Tobias Schmid, Bereichsleiter Medienpolitik bei RTL und Vorstandsvorsitzender des Privatfunkverbands VPRT, bremst Marmors Forderungen indes ein: "Nur weiße Soße auszugießen, führt ja auch zu nichts." Schmid relativiert: Jede Abschottungspolitik allerdings sei überholt. Julian Geist, Konzernsprecher bei ProSiebenSat.1, hatte zuvor beklagt: "Wir haben ein großes Talent, uns gegenseitig zu zerfleischen." Geist hatte vor einigen Wochen selbst in einem Interview mit dem Branchendienst "dwdl.de" Verleger und öffentlich-rechtliche Sender kritisiert.
Zentrale Themen der so genannten Elefantenrunde des dreitägigen Medientreffpunkts, an der auch Vertreter der Medienanstalten und Medienpolitiker der Länder teilnahmen, waren Regulierungsfragen sowie die Glaubwürdigkeitskrise der Medien. "Wir können nicht mehr einfach erwarten, dass die Menschen uns glauben", sagte dazu der stellvertretende ZDF-Chefredakteur Elmar Theveßen. Es sei eine "Rückbesinnung auf die alte journalistische Sorgfalt nötig", und dies müsse den Nutzern auch transparent gemacht werden. Auch andere Diskussionsteilnehmer haben sich für eine neue Wertschätzung der "echten belastbaren Nachricht" ausgesprochen. In Zeiten, da jede Information jederzeit und an jedem Ort verfügbar sei und von jedem erzeugt werden könne, sei die Überprüfbarkeit die entscheidende Größe, wenn Medien ernst genommen werden sollen - was sie müssten.
dpa/ps