
Verlagsgruppe Handelsblatt:
Ärger um Piëch-Geschichte: "Handelsblatt" zieht VW-Experten ab
Die "Handelsblatt"-Geschichte über den angeblichen Rückzug des VW-Patriachen Piëch schlägt hohe Wellen. Nun hat Chefredakteur Hans-Jürgen Jakobs personelle Konsequenzen gezogen.
Kurz vor der Internationalen Automobilausstellung (IAA) meldete das "Handelsblatt", Volkswagen-Patriarch Ferdinand Piëch würde sich demnächst aus dem Aufsichtsrat des Wolfsburger Autokonzerns zurückziehen – angeblich aus gesundheitlichen Gründen. Die Geschichte verursachte großen Wirbel, denn Piëch gilt als einer der mächtigsten deutschen Manager. VW dementierte nicht nur umgehend. Die Zeitung entschuldigte sich am nächsten Tag auf der Titelseite für die Berichte, die die Empfindungen Piëchs verletzt hätten.
Jetzt zieht "Handelsblatt"-Chefredakteur Hans-Jürgen Jakobs nach Informationen des W&V-Schwesterblatts "Kontakter" Konsequenzen: Wie der Branchendienst in seiner aktuellen Printausgabe (EVT: 17.10) berichtet, hat Jakobs den von Hamburg aus tätigen Auto-Redakteur Marc Schneider, der die Artikel verfasst hat, von der Berichterstattung über VW komplett abgezogen, heißt es in Kreisen des Verlags und des Autobauers. Schneider gilt als ausgewiesener VW-Experte. Der ehemalige "Capital"-Redakteur hat eine autorisierte Biographie über den Vorstandschef Martin Winterkorn geschrieben, die 2014 erscheint. Schneider wird nun künftig über Daimler berichten.
Dass Jakobs hier einen harten Schnitt vornimmt, ist wohl ein einmaliger Vorgang in der Ära der Wirtschaftszeitung. Doch sie ist verständlich: Der Autokonzern ist einer der größten Werbekunden in Deutschland. Allein im 1. Quartal investierte der Autoriese laut Nielsen mehr als 53 Millionen Euro brutto in Werbung. Trotz der unglücklichen Berichterstattung hat VW nicht mit einem Anzeigenstopp reagiert. Dies sei nicht der Stil des Unternehmens, heißt es in Konzernkreisen. Ein Volkswagen-Sprecher will sich hierzu nicht äußern.
Unklar ist, ob Schneider der einzige bleibt, dem Konsequenzen drohen. Sein direkter Vorgesetzter ist Wolfgang Reuter. Der ehemalige "Spiegel"-Mann ist Ressortleiter Unternehmen. Dies könnte sich ändern, wenn sich demnächst "Spiegel"-Mann Thomas Tuma als Vize-Chef um die Firmenberichterstattung kümmert. Das "Handelsblatt" will sich dazu nicht äußern.
gl/fze