Metaverse:
Dos and Don’ts für die Markenexperience im Metaverse
Für Marken bietet das Metaverse neue Chancen, sich zu inszenieren und Konsument:innen mit Erlebnissen an sich zu binden. Mathias Ullrich, Managing Director bei Liganova, über die Dos and Don’ts für die Präsenz in virtuellen Umgebungen.
Das Metaverse ist heute dort, wo das Internet in den frühen 90er-Jahren war. Prognosen sind also mit Vorsicht zu genießen. Vieles an dem medialen Hype um die dreidimensionalen digitalen Erlebniswelten erinnert an das Mitte der Nullerjahre gefeierte Second Life. Trotzdem steht jetzt schon fest: Das Metaverse ist gekommen, um zu bleiben. Spätestens seit der Corona-Pandemie und mit der sich seit Jahrzehnten entwickelnden Gaming-Industrie sind virtuelle Räume für Milliarden Menschen ein vertrautes Terrain.
Sie treffen sich dort nicht nur, um zu spielen, sondern um sich zu informieren, sich auszutauschen und gemeinsam mit ihrer Community etwas zu erleben. Dreidimensionale digitale Räume sind soziale Räume. Und: Es sind Räume, in denen die Konsument:innen schon heute millionenfach auf Marken treffen – ob von den Marken gewollt oder nicht. Für Unternehmen ist es an der Zeit, Strukturen zu schaffen, die ihre Brands fit für das Metaverse machen.
Aus Sicht der Zielgruppe denken
Noch fehlt es an langfristigen Erfahrungen. Was sich schon jetzt sagen lässt: Wie in jedem anderen Kanal auch, geht es darum, der Zielgruppe ein einzigartiges Erlebnis zu bieten. Das funktioniert nicht, wenn ein Metaverse-Engagement an den Bedürfnissen vorbei konzeptioniert ist. Man denke an die Global Gateway Gala der Europäischen Union. Die 24-stündige Beach-Party im Metaverse sollte jüngere Leute für die Arbeit der EU begeistern. Doch die kamen nicht und der virtuelle Strand blieb leer. Auch Web3-Aktivitäten können riskant sein: NFTs (Non Fungible Tokens) – im vergangenen Jahr noch beliebte Spekulationsobjekte – scheinen an Attraktivität verloren zu haben.
Marken sind – wie in Social Media vor zehn Jahren – geduldete Gäste im Metaverse. Sie sollten sich Partner:innen suchen, sich an die Gepflogenheiten der jeweiligen Community anpassen und die Mechanismen erfolgreicher Aktivitäten auf der Plattform genau prüfen, um ihr Konzept darauf abzustimmen. Langfristig erfolgreiche Marken bauen Communitys auf.
Menschen lassen sich begeistern
Virtuelle Ereignisse in dreidimensionalen digitalen Welten begeistern Menschen. Millionen User:innen flanieren als Avatare durch das Metaversum. Allein 45,8 Millionen besuchten das Fortnite-Konzert von Travis Scott. Sie begegnen bei ihren Streifzügen auch immer mehr Brand-Spaces. hommy Hilfiger beispielsweise verkaufte im virtuellen Store in Decentraland Tokens, die gegen physische Ware eingetauscht werden konnten. Bei Nike oder Ralph Lauren erwerben User:innen Kleidung für ihre Avatare. Für eine limitierte Gucci-Tasche gingen in Roblox 4.115 US-Dollar über den digitalen Ladentisch – mehr als sie „in echt“ gekostet hätte.
Erfolgreiche virtuelle Räume bilden nicht eins zu eins die Realität ab – sie schaffen neue Welten. Der Schlüssel dazu sind markenspezifische Umgebungen, die fotorealistisch oder illustrativ, natürlich oder architektonisch sein können. Dem Machbaren sind keine Grenzen gesetzt. Marken können im Metaverse unendliche Räume für virtuelle Messen, Produkteinführungen, Live-Konzerte, Konferenzen, Keynote-Bühnen und virtuelle Showrooms kreieren.
Wie die Casa Madrigal aus Disney’s Erfolgsfilm „Encanto“ entziehen sich auch die Räume des Metaverse den Naturgesetzen. Marken haben hier die Möglichkeit, Brand-Inszenierungen umzusetzen, die Zeit und Raum ignorieren, Zielgruppen fesseln und Markenwerte und -visionen widerspiegeln. Eine Chance, die bislang nicht ausreichend genutzt wird. Wie auch bei dem Wandel vom herkömmlichen Retail zum erlebnisorientierten New Retail müssen Marken im Metaverse besondere zielgruppenspezifische Anreize setzen und den Aufbau von Communitys ermöglichen. Durch die rasante technische Entwicklung ist die großflächige Einbindung in die unternehmerischen E-Commerce Strategien nur noch eine Frage des Wann, nicht mehr des Ob.
Im Rahmen der Metaverse Fashion Week 2023 zeigte Artificial Rome, eine Tochter der Liganova Group, wie die Zukunft von gemeinsam erlebten Produktpräsentationen im Metaverse aussehen kann: hochauflösend und fotorealistisch, interaktiv und visionär. Integrierte Online-Sales-Tools, Verbindungen zum Online-Store, Möglichkeiten des direkten Kaufs und oder zum Erwerb von NFTs bereiten dabei den Weg vom reinen Markenauftritt hin zum integrierten Absatz-Tool.
Verknüpfung beider Welten
Besondere Erlebnisse versprechen auch die Verknüpfung beider Welten. Pokémon GO ist ein Paradebeispiel dafür, wie sich virtuelle Elemente in die physische Realität integrieren lassen. Bei Kindern und Erwachsenen ist die Jagd nach den kleinen Fantasiewesen gleichermaßen wieder voll im Trend – und sie führt die Spieler:innen immer wieder in unbekannte Gefilde. Warum nicht diese gelungene Gamification, die dem Unternehmen Niantic in den vergangenen Jahren schließlich bis zu 900 Millionen Dollar jährlich einbrachte, auf Marken und Stores übertragen? Digitale Incentives á la Pokémon können unter anderem schlecht besuchte Stores beleben, Museen wieder zu einem begehrten Ort werden lassen, Markenloyalität schaffen und Umsatz generieren – sowohl analog als auch digital.
So inszenierte etwa Artificial Rome ein Multiplayer-Spiel für die Automobilmarke KIA, das viral geteilt wurde und über 1 Million Mal gespielt wurde. Der nächste Schritt solch viraler Community-Formate ist die Ausweitung in den physischen Raum. Vor Ort könnte die nächste Spiel-Ebene „unlocked“, mehrere Multiplayer-Tracks miteinander vernetzt oder das nächste virale Spiel überhaupt erst gestartet werden. Ein Aufeinandertreffen der Community im digitalen, wie auch im realen Raum ist das Ziel solcher Aktivierungen.
Das Metaverse bietet enorme Chancen, und zwar sowohl singulär als auch durch ein sich ergänzendes Zusammenspiel beider Welten – physisch und digital.
Mathias Ullrich ist Managing Director bei Liganova. In den vergangenen zehn Jahren hat der Wirtschaftsingenieur Kunden aus dem Bereich Brand Retail hinsichtlich Positionierung, Wachstum und digitale Transformation beraten.
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