Der Markt für digitale ­Beratung boomt

Würde man den Umsatz der fehlenden Agenturen aus dem vergangenen Jahr ergänzen, käme die Gesamtbranche auf einen Umsatz von fast 2 Milliarden Euro. 2017 arbeiteten insgesamt 15 202 Mitarbeiter für die gemeldeten Agenturen. Zum Ranking zugelassen sind Full-Service-Internetagenturen, die mindestens 60 Prozent ihre Umsatzes mit der „Konzeption, Kreation und technischen Realisierung digitaler Lösungen“ erwirtschaften (mehr auf Agenturranking.de). „Die Branche boomt weiterhin, und das ist sehr erfreulich“, sagt Anke Herbener, Vorsitzende des Fachkreises Full-Service-Digital­agenturen im BVDW und somit auch verantwortlich für das Ranking. Einer der Gründe für die anhaltende Hochstimmung unter den Digitaldienstleistern ist die Masse an potenziellen neuen Geschäften. Wo noch vor fünf Jahren eine Homepage benötigt wurde, sind heute Plattform- und E-Commerce-Lösungen gefragt. Viele Unternehmen arbeiten an der kompletten Digitalisierung ihres Geschäfts. Das Schlagwort, das in aller Munde ist, lautet weiterhin „digitale Transformation“.

„Projekte gibt es jede Menge“, sagt Team-Neusta-Chef Meyer-Heder, „nur genügend gute Mitarbeiter zu finden, das ist die Herausforderung.“ Das hat auch damit zu tun, dass sein mittlerweile 1000 Mitarbeiter umfassendes Unternehmen weiterhin in Bremen sitzt. Auf dem Jobbewertungsportal Kununu hat Team Neusta ausgezeichnete Bewertungen. Städte wie Berlin oder Hamburg sind vor allem für junge Absolventen trotzdem attraktiver. Das Durchschnittsalter in Meyer-Heders Firma liegt bei 31 Jahren. Er hat es sich zum Ziel gesetzt, jedes Jahr 100 neue Mitarbeiter einzustellen. Ursprünglich war Team Neusta auf technische Lösungen spezialisiert, erst nach und nach kamen Beratungsleistungen hinzu.

Erfolgreiche Mittelständler gibt es unter den Digitalagenturen nicht mehr allzu viele, die Branche konsolidiert sich seit Jahren. Viele tun sich zusammen, um das immer komplexer werdende Geschäft bestmöglich zusammenführen zu können, andere verkaufen an Dachfirmen, Finanzinvestoren oder Unter­nehmensberatungen. Meyer-Heder wollte nie verkaufen. „Mir macht es Spaß, unternehmerisch tätig zu sein. Daher ist mir ein Unternehmen zu leiten wichtiger als Geld“, sagt er. In seinen Agenturräumen hat er auch eine beachtliche Sammlung von Oldtimern stehen.

Kurzfristiges und ­schnelleres Arbeiten

„Die Zukunft gehört Agenturen, die aus den Rohstoffen Technologie, Data-driven Insights, Media und Content beziehungsweise Kreation einen nachweisbaren Geschäftserfolg für Kunden formen können“, glaubt Plan.net-Chef Manfred Klaus. Seine Agentur rangiert an zweiter Stelle hinter Team Neusta und arbeitet unter anderem für BMW, die Lufthansa und den Modehändler Bonprix. „Wir merken momentan eine stärkere Kurzfristigkeit bei Projekten“, sagt Klaus. Anfragen treffen kurzfristig ein, sollen aber auch so schnell wie möglich umgesetzt werden. „Das Digitalgeschäft ist mittlerweile extrem komplex geworden, und es geht darum, den Kunden ganzheitlich strategisch zu beraten und auch in der Lage zu sein, die entwickelten Maßnahmen in allen digitalen Lebensbereichen umzusetzen“, sagt BVDW-Frau Anke Herbener. Das gilt auch für die Marketing­abteilungen. Entwicklung und Umsetzung übergreifender Digitalstrategien werden ebenso wichtig wie Influencermarketing, AR, VR und künstliche Intelligenz. Die Branche der Digitalagenturen kennt momentan hauptsächlich Gewinner. Deutlich verloren haben nur wenige, darunter beispielsweise Scholz & Volkmer (minus 30 Prozent).

2018 soll erneut erfolgreich für die Internetdienstleister bleiben. Unsicherheitsfaktoren für das Geschäftsmodell der Agenturen stellen die Daten­schutzgrundverordnung und die anstehende E-Privacy-Verordnung dar. Carsten Meyer-Heder hat derweil andere Pläne. Als Bürgermeister würde er sich aus dem operativen Geschäft von Team Neusta nämlich zurückziehen und seine Passion ganz der Stadt Bremen widmen.

Hier gibt es einen Teil des Rankings zum Durchklicken:

Das komplette Ranking inklusive Analyse lesen Sie in der neuen W&V (17/2018). Zur Heftbestellung.


Autor: Daniela Strasser

Redakteurin bei W&V. Interessiert sich für alles, was mit Marken, Agenturen, Kreation und deren Entwicklung zu tun hat. Außerdem schreibt sie für die Süddeutsche Zeitung. Neuerdings sorgt sie auch für Audioformate: In ihrem W&V-Podcast "Markenmenschen" spricht sie mit Marketingchefs und Media-Verantwortlichen über deren Karrieren.