Interview mit Mathias Richel:
"Die SPD muss wieder an die Spitze der Bewegung"
In Bayern ist die SPD in freiem Fall und im Bund sieht es nicht viel besser aus. Wie schätzt SPD-Werber Mathias Richel die Lage sein? Ein Gespräch über hausgemachte Probleme und fehlende Siegertypen.
Im Juni haben der frühere JvM-Manager Mathias Richel und Wahlkampf-Guru Frank Stauss ihre Agentur Richel Stauss gegründet und kurz darauf den ersten großen SPD-Etat gewonnen. Sie gelten als kommunikative Hoffnungsträger einer Partei, deren bayerischer Wahlkampf gerade krachend gescheitert ist (Agentur: Elephantlogic, Berlin). W&V führte das Interview mit Mathias Richel am Morgen nach der Bayern-Wahl.
Mathias, die bayerische SPD hatte eine kommunikationstarke Spitzenkandidatin mit YouTube-Qualitäten. Trotzdem ist die Kampagne auf der ganzen Linie gescheitert. Warum?
Die SPD ist in Bayern traditionell sehr schwach aufgestellt und hat darüber hinaus auch noch unter dem schlechten Image der GroKo gelitten. Bayernspezifisch ist außerdem, dass für viel bürgerliche WählerInnen der Schritt zu den Freien Wählern oder den Grünen leichter ist, als zur SPD.
Das klingt sehr staatsmännisch. Hat die SPD keine hausgemachten Probleme?
Na klar hat sie die. Sonst würde sie im Bund nicht bei 16 Prozent stehen. Sie ist in Zeiten starker Konkurrenz häufig zu unklar positioniert.
Deine Agentur sorgt im kommenden Jahr für den Europa-Wahlkampf der SPD. Was könnt ihr ändern?
Die 250.000 Menschen, die am Samstag in Berlin auf die Straße gegangen sind, stehen für die große Mehrheit überall in Deutschland. Die SPD muss wieder an die Spitze dieser Bewegung. Für internationale Solidarität, für Menschenrechte, für Arbeitnehmerrechte, für Gleichberechtigung, für Vielfalt und Toleranz. Dafür wurde der Laden schließlich mal gegründet.
Wie wollt ihr das vermitteln? Wenn die SPD ein Unternehmen wäre, würde man von einem Sanierungsfall sprechen und vermutlich das Management austauschen. Das liegt nicht in der Macht einer Agentur, aber wie sehr dringt ihr bei Kunden strategisch durch?
Wir sitzen nicht täglich auf dem Schoß des Parteivorstands, sondern bereiten gerade die Europawahl vor. Und das läuft aus unserer Sicht sehr offen und kollegial an.
In der Zeit nach Gerhard Schröder hat die SPD oft auf Spitzenkandidaten gesetzt, die vorher keine entscheidende Wahl gewonnen hatten: Steinmeier war Spitzenbeamter ohne Wahlkampf-Erfahrung, Steinbrück als Ministerpräsident von NRW abgewählt worden, Schulz nur auf europäischer Ebene erfolgreich. Selbst der Parteichef war kein Wahlsieger-Typ: Als Sigmar Gabriel SPD-Vorsitzender wurde, hatte er Niedersachsen an die CDU verloren. Hast du eine Erklärung dafür?
Wir sind eine Agentur, und die Frage welche Person bei unseren Kunden welche Position einnimmt, ist außerhalb unseres Einflussbereichs.
Mehr über Richel Stauss gibt es in W&V Nr. 41. Hier geht's zur Einzelheftbestellung.