Kreation des Tages:
Graffiti für Barrierefreiheit
Die brasilianische Agentur Z+ macht einen Missstand sichtbar: Bordsteine können für Rollstuhlfahrer zu unüberwindbaren Mauern werden.
São Paulo ist nicht nur die viertgrößte Stadt der Welt und die größte außerhalb Asiens (mit mehr als 21 Millionen Einwohnern, Vororte nicht mitgerechnet): São Paulo ist auch eine der Hauptstädte der Graffiti-Kunst. Und eine Stadt, in der nur die wenigsten Bordsteine an Übergängen und Kreuzungen abgesenkt sind.
Auf diese Hürde im täglichen Leben gehbehinderter Menschen möchte die Organisation NGO Movimento SuperAção aufmerksam machen. Und holte sich dazu die Werbeagentur Z+.
Gemeinsam setzten sie das Projekt "Without Ramps, Sidewalks Are Walls" ("Sem Rampa, Calçada é Muro"). Auf kreative Art und Weise: Die Mauern, die Rollstühlen im Weg stehen, eigenen sich ja schließlich fast genauso gut für Graffitis wie die großflächigen Mauern. Zumal sie für Rollstuhlfahrer ebenso mächtig wirken.
Alexandre Vilela, Kreativchef bei Z+: "Die Idee basiert auf der Annahme, dass ein Bürgersteig eine Wand ist für Menschen im Rollstuhl. Graffiti gehört an die Wand. In diesem Sinne betonen wir nicht nur den Sachverhalt, sondern markieren außerdem die Punkte, die jedermann zugänglich gemacht werden müssen."
Graffitikünstler aus Brasilien hat Z+ eingeladen, sich an den niedrigen und doch unüberwindbaren Mauern auszutoben. Damit sollen die Menschen nicht nur auf "Achtung, Stufe" aufmerksam gemacht werden, sondern auch auf die alltäglichen Probleme der Gehbehinderten in der Stadt.
14 Kunstwerke sind auf diese Art bisher entstanden, an 14 Bordsteinkanten, die eigentlich laut gesetzlicher Vorschrift eine Rampe oder Absenkung haben müssen. Sie sind in mehreren Vierteln der Stadt zu finden. Und inzwischen haben Z+ und NGO Movimento SuperAção bereits weitere Städte - Rio de Janeiro und Recife - angepackt.
Billy Saga, Vorsitzender der NGO: "In einer Welt der Informationsflut, die um unsere Aufmerksamkeit buhlt, lenkt unser Projekt die Aufmerksamkeit der Bürger auf einen Knackpunkt des Zugangs in der Architektur - auf spielerische und künstlerische Weise." Damit ermutige das Projekt zur Inklusion, "wie nur Kunst das vermag", sagt Saga. "Wir müssen die Herzen der Menschen erreichen, weil Vernunft allein nicht ausreicht."
Für alle außerhalb São Paulos gibt es die Graffiti-Motive und wo sie platziert sind bei Instagram zu sehen. Damit will NGO Movimento SuperAção zugleich die Social-Media-Nutzer einbeziehen und die Botschaft der Aktion weiter verbreiten. Zum Teilen gibt es den Hashtag #calçadaémuro.
Bei Z+ arbeiteten gemeinsam mit CCO und CD Vilela (Xã) die CDs Tarso Soares und Célio Salles sowie die Kreativen Alexandre "Boca" Lage, Melissa Potker, Ivan Montebello, Rodrigo Seixas und Gustavo Zotini an der Kampagne mit. Regie beim Projektfilm führten Thiago Siqueira und Lucas Mello.