Influencer-Marketing:
Schluss mit Bussi-Bussi: 3 Thesen zur Zukunft des Talent-Markts
Die Bussi-Bussi-Methode hat ausgedient. Models, Influencer und Schauspieler vermarkten sich jetzt selbst oder brauchen Partner, die es auch digital drauf haben.
1. Bussi-Bussi-Agenturen können sich den Erfolg abschminken
Die schlechte Neuigkeit zuerst: Menschen werden ihren Job verlieren. PP: Persönliches Pech.
Die gute Nachricht: Das war ohnehin überfällig.
Aber mal ganz von vorn. Erfolg im Talent-Vermittlungsmarkt funktioniert ja im wesentlichen so: Kunde hat einen Job für ein Model/Schauspieler/neuerdings Influencer und fragt erst mal seine Freunde, wer da wen kennt. Findet sich niemand, wird der Fotograf / Regisseur etc. konsultiert, welcher wiederum sein Netzwerk anzapft. Alternativ fragt man den Agentur-Booker seines Vertrauens und erhofft sich insgeheim gleich noch eine postwendende Einladung zur nächsten Fashion Week/Berlinale Aftershow-Party.
In diesem Spiel nimmt der Faktor "Qualität" oder "Service" zunächst keine Rolle ein. Der Faktor "Vertrauen" ist dabei umso größer. Wenn ein Auftraggeber dem Vermittler vertraut, fällt eine genaue Due Diligence der Metrics von Influencer XY oder eine Überprüfung von Model YX zum Brand Image gerne erstmal unter den Tisch.
Verstehen Sie mich richtig: Viele Agenturen und Vermittler machen einen ausgezeichneten Job und liefern neben "Vertrauen" auch hervorragende Model- und Influencer-Matches an ihre Auftraggeber. In Zeiten der Digitalisierung einer der letzten Offline-Branchen - des Talent-Markts - haben Agenturen, die außer dem "Buddy-Faktor" nichts zu bieten haben, aber schlechte Karten.
Mittelmäßigen Vermittlern und Agenturen werden von zwei gegenwärtigen Entwicklungen der Garaus gemacht: Dem Selbst-Management vieler Talents und der Digitalisierung fortschrittlicher Agenturen.
2. Selbstmanagement der Talents nimmt zu
Internet-Plattformen wie Instagram und Youtube haben Influencer und viele weitere Talents erst möglich gemacht. Paradoxerweise versucht nun eine ganze Reihe klassischer, analoger Mittelsmänner, ein großes Stück vom Kuchen durch Jobvermittlungen abzubekommen. Dabei haben die die meisten Talents gar nicht nötig. Video- und Foto-Equipment ist so erschwinglich wie nie. Professionelle Aufnahmen lassen sich in den eigenen vier Wänden aufnehmen, Anleitungen, wie man das am besten bewerkstelligt, gibt es zuhauf auf einer Internetseite namens Google.
Das Produktionsargument pro Agentur fällt damit - abgesehen von AAA-Influencern - raus. Kein Wunder, dass einflussreiche Social Media-Stars wie Caro Daur oder Kevin Creekman sich konsequent selbst managen. Der Vorteil guter Agenturen liegt indes in ihrer Marktkenntnis. Bis wir auf breiter Ebene transparente Preise haben, wird es leider noch eine Weile dauern. Agenturen kennen gängige Preise und wissen, wie sie mit Auftraggebern verhandeln müssen. Auch wissen sie, welche Looks ankommen. Ihr Vorteil liegt damit in der aktiven Kuration des vom Talent zur Verfügung gestellten Materials. Gute Agenturen sollten damit selbstständige Initiativen ihrer Talents fördern. Restriktionen fördern Reaktanzen. Und gute, fortschrittliche Wettbewerber-Agenturen rüsten zunehmend digital auf.
3. Analoge Player gehen mit der Zeit - oder gehen mit der Zeit
Der Schweizer Philosoph Henri-Frédéric Amiel sah es so: "1000 Dinge bewegen sich vorwärts, 999 zurück. Das nennt man Fortschritt." Experten von Omnicom und Publicis haben es bereits erkannt: In der neuen, zunehmend digitalen Agenturwelt sind hohe Headcounts und dadurch aufgeblähte Gehaltslisten unnötiger Ballast. So kann die Produktivität von fünf klassischen Bookern auch von einem Booking-Manager mit technologischem Verständnis und digitalen Werkzeugen gewährleistet werden. Was für Agenturen gilt, gilt selbstverständlich für Talents nicht minder. Ob Model, Influencer oder Schauspieler; wer in den sozialen Medien keine Reichweite aufbaut, kann hochdotierte Werbejobs vergessen.
Man könnte vom besten beider, analoger und digitaler, Welten sprechen. Von der Jobanfrage bis zur Rechnungslegung bietet der Markt digitaler Tools genügend Möglichkeiten zur Prozessautomation. Anstatt sich mit stupiden Massenmails oder drögem Sedcard-Bau zu beschäftigen, können Marketer, Booker und Talents sich auf das Wesentliche konzentrieren: Kreative Wertschöpfung. Letztlich werden jene Akteure, die auf digitales Enhancement setzen, die Nase vorn haben. Die gesteigerte Produktivität ist hierbei nur das Mittel. Der Zweck ist die noch engere Bindung zwischen allen Parteien. Offline Wettbewerber können bei gleichbleibend hoher Verwaltungslast nicht mithalten. Sie können zwar den Headcount erhöhen, doch das schlägt sich bekanntermaßen massiv auf der Kostenseite nieder. Analoge Player, besonders Vermittlungsagenturen, die weiter einzig auf ihren mittelmäßigen Service und ihre vermeintlich "guten Beziehungen” zu Stammkunden vertrauen, gehen nicht mit der Zeit. Sie gehen mit der Zeit.
Falko Kremp ist Mitgründer und CMO von Inselberg.com, einer digitalen Buchungsplattform für Talents, Models und Influencer. Er ist zudem selbst als Commercial Model in Berlin tätig.