Serviceplan-Kreativchef Alex Schill in Cannes: "Ich bin sehr demütig"
Alex Schill ist der Mann, der mit Serviceplan dieses Jahr in Cannes Jung von Matt vom Thron stoßen könnte. Wer hätte das vor wenigen Jahren für möglich gehalten? Den Titel "Direct Agency of the Year" und einen Grand Prix hat er für seine Agentur jedenfalls schon mal eingeheimst. Lena Herrmann hat mit dem Kreativchef in Cannes gesprochen.
Seit Mittwochabend ist auch Alex Schill endlich in Cannes – wichtiges Kundengeschäft hat den Kreativchef der Serviceplan-Holding in Hamburg und München gehalten. Doch jetzt ist er an der Croisette, der Champagner floss in der Martinez Bar bereits in Strömen, und auf alle Fälle kann Schill sich mal bis Samstagabend wie ein Sieger fühlen. So lange ist er im Medaillenspiegel vor Jung von Matt - am Samstag stellt sich raus, ob die Hamburger Agentur noch Löwen entgegensetzen kann.
Es ist gar nicht so unwahrscheinlich, dass Alex Schill in diesem Jahr als Gewinner die Party an der Côte d'Azur verlässt. In der Branche wäre das eine Sensation, schließlich ist Jung von Matt gemeinsam mit ihrem scheidendem Kreativvorstand Armin Jochum angetreten, das dritte Mal in Folge den Titel als Deutschlands kreativste Agentur in Cannes zu erringen. Und bis zum gestrigen Mittwochabend, als Serviceplan den Grand Prix für den Geschäftsbericht für den Verband Austria Solar gewonnen hat, sah es auch so aus, als ob das gelingen könnte.
Doch dann kam alles anders und am Ende der Preisverleihung schickte Armin Jochum seine Glückwünsche per SMS an Alex Schill. Die beiden Männer kennen und schätzen sich und Jochum sagt über seinen Konkurrenten: "Alex macht einen hervorragenden Job bei Serviceplan und wird in diesem Jahr standesgemäß in Cannes belohnt. Ich gönne ihm diesen Erfolg von ganzem Herzen."
Seit sechs Jahren ist Schill bei Serviceplan. Er kam, nachdem er bei Springer & Jacoby von Konstantin Jacoby vor die Tür gesetzt wurde. "Wir haben nie die gleiche Sprache gesprochen, zwischen uns hat es immer geknallt", sagt er über seinen damaligen Arbeitgeber. Bei der einst kreativsten Agentur Deutschlands hatte er seine Karriere nach seinem Studium an der Hochschule der Künste in Berlin begonnen. Innerhalb von vier Jahren stieg er bei S&J vom Juniortexter zum Kreativdirektor auf, 2003 wurde er als CCO in die Holding der Agentur berufen.
Schon damals zeigte sich, dass es Schills große Stärke ist, erfolgreiche Kreation in der Agentur zu erkennen und zu fördern. Bei Serviceplan hat er eine monatliche Runde eingeführt, in der jeder Agenturmitarbeiter vom Praktikanten zum Agenturboss seine Ideen vorstellen kann. Ein Gremium aus den Kreativchefs der Agenturen bewertet die Arbeiten und legt die besten Schill vor, der dann entscheidet, welche davon es wert sind, weiterentwickelt zu werden. "Damit haben wir ein Ventil für die Ideen, die im Raum stehen und gleichzeitig fördern wir die Motivation", sagt er.
Motivation und Spaß an Kreation – das sind Dinge, die Schill 2006 mit in die Holding gebracht hat. Seit 2008 steht er ihr als übergeordneter Kreativchef vor. Er versteht es, seine Mitarbeiter zu begeistern – schon lange sind es nicht nur die Hamburger, die die Preise einfahren. Vielmehr kommen aus den verschiedenen Ecken der Agentur Ideen und auch Löwen. So ist Plan.net in Cannes ebenso erfolgreich wie Mediaplus. Und München steht den Hamburger Kollegen in nichts nach. "Es ist schön zu sehen, dass unser Erfolg auf viele Schultern verteilt ist", sagt Schill.
Schill gilt als umgänglicher Mensch: nahbar, unkompliziert und entspannt. "Er ist keine Diva", heißt es bei seinen Mitarbeitern. Vielmehr hat er einen Funken bei Serviceplan entfacht, den viele, mit dem Titel "Direct Agency of the year" und einem Grand Prix in der Tasche, erst jetzt wirklich spüren und auch glauben.
"Auf meiner ersten Weihnachtsfeier bei Serviceplan habe ich gesagt, dass wir zu den drei kreativsten Agenturen Deutschland zählen wollen – ich glaube, die wenigsten haben da überhaupt zugehört, so unrealistisch ist das vielen erschienen", sagt er. Besonders stolz ist er, dass er den Turn bei Serviceplan ohne große personelle Veränderungen geschafft hat.
Die vielen Preise und der verlockende Ausblick darauf, hier in Cannes Jung von Matt vom Thron stoßen zu können, freuen ihn, das trägt er auch nach außen. Doch die ganz große Party bricht Schill dennoch nicht vom Zaun: "Ich bin sehr demütig", sagt er. Denn auch wenn er in diesem Jahr erfolgreich ist, so heißt das nicht, dass es im kommenden Jahr wieder so sein wird. „Es fängt Jahr für Jahr wieder auf einem leeren, weißen Blatt Papier an“, sagt er. Und dennoch hat er es geschafft, jährlich das Ergebnis zu verbessern. „Ich will in jedem Jahr besser zu sein als ich es im vergangenen Jahr war“, ist sein Credo. Für 2013 könnte das ziemlich schwierig werden.