Agenturgründer:
Überzeugungskünstler: Ein Nachruf auf Lester Wunderman
Lester Wunderman ist im Alter von 98 Jahren gestorben. Der Gründer der gleichnamigen Agentur gilt als Wegbereiter des modernen Dialogmarketings. Eine Erinnerung von Claus Mayer.
Am 9. Januar 2019 ist Lester Wunderman im Alter von 98 Jahren in seiner Heimatstadt New York verstorben. Er hatte 1958 in den USA eine Agentur gegründet, deren Vision es war, über die Leistungen einer Mailing-Agentur hinaus den Abverkauf an den Kunden in den Mittelpunkt aller Werbung zu stellen. "Das Vermächtnis von Lester Wunderman ist für die gesamte Marketingwelt von großer Bedeutung. Er war zu der damaligen Zeit ein absoluter Pionier und Wegbereiter für eine ganze Branche. Auch wenn es sich hierbei um einen sehr traurigen Anlass handelt, sollte dies ein Ansporn für uns alle in diesen herausfordernden Zeiten sein, sich an die Leistungsfähigkeit solcher Männer zu erinnern", sagt DDV-Präsident Patrick Tapp.
Mit seinem für damals neuartigen Konzept gründete Lester Wunderman 1971 gemeinsam mit Claus Mayer und Manfred Heuser in München die Agentur Wunderman & Partner. Und er hatte Erfolg.
So wie später beim Pitch um den BMW-Cabrio-Etat. Claus Mayer erinnert sich:
Wunderman München hatte 1983 um den BMW-Cabrio-Etat zu pitchen – es ging nur um die Werbung bei Frauen. Eine Herausforderung, denn seinerzeit lautete die CI-Vorgabe für die werbliche Ansprache in den Anzeigen "so viel Technik und technische Ausdrücke wie möglich." Wunderman hatte in der Zeit in den USA erfolgreich "Direct Response Advertising" für Ford und Avis gemacht und sensationelle Responses erzielt. Diese Konzepte wollten wir für BMW Deutschland übernehmen. Wir planten, Lester aus den USA einzufliegen.
BMW wollte aber weder den Amerikaner Lester noch amerikanische Fallstudien, noch die Präsentation in englischer Sprache. Was tun? Wir baten Lester seine Präsentation niederzuschreiben. Das tat er sonst nie. Er war ein begnadeter Redner und sprach immer frei. Und wir baten Wunderman NY ein Video (Beta Max/VHS) mit Lester's Speech, aber unseren Layout-Vorschlägen, zu erstellen. In Deutschland unterlegten wir die englische Stimme von Lester mit deutscher Sprache - der Synchronsprecher hat mehrere Herzattacken bekommen.
Dann "tanzten" wir an bei BMW mit beeindruckender Technik (Projektor, VHS-Gerät, Audio-Geräten etc.): Manfred Heuser, ein Etatdirektor, ein CD, zwei technische Assistenten. Lester und ich blieben außer Sichtweite im Wagen. Für alle Fälle abrufbereit. Die BMW-Teilnehmer waren von der Vorstellung (der Show-Präsentation im klassischen Sinne wäre übertrieben) verblüfft, aber höchst zufrieden. Als Manfred Heuser die "Manipulation" lüftete, wollten sie Lester unbedingt sehen.
Wir waren aber nach zweieinhalb Stunden weggefahren. Das Gespräch gab es dann tags darauf. Der Etat blieb zwei Jahre bei uns.
Lester konnte faszinierend überzeugen, selbst mit geliehener deutscher Stimme!