GPRA-Präsident Uwe Kohrs:
Wie Agenturen Talente an sich binden können
GPRA-Chef fordert ein Umdenken: Händeringend umwerben Agenturen die Generation Y. Der Präsident des PR-Agenturverbands, Uwe Kohrs, hält viele Agenturmodelle für überholt: Fünf Thesen, wie die Häuser Talente besser an sich binden können.
Es gibt ein Problem im PR-Markt: Der Nachwuchs fehlt. Händeringend umwerben die Agenturen die Generation Y. Hierfür haben der Agenturverband GPRA und seine Mitglieder attraktive Ausbildungsprogramme aufgesetzt. Doch kaum sind die Trainees ihrem Aufzug entwachsen, werben die Unternehmen sie ab. Die bieten besseres Geld, weniger Stress. Agenturen bleiben dabei auf der Strecke. "Ein Riesenproblem", sagt Uwe Kohrs, Präsident der Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA).
Im W&V-Streitgespräch mit Jörg Schillinger, dem Chef des Bundesverbands deutscher Pressesprecher, sagt Kohrs: "Wir PR-Agenturen wollen keine Durchlauferhitzer mehr sein." Der GPRA-Chef sieht dabei vor allem die Agenturen selbst in der Pflicht: Die müssten ihre Attraktivität erhöhen.
Wie das geht? In dem Streitgespräch nennt Kohrs fünf wichtige Punkte:
1. HALTUNG ANNEHMEN: Selbstausbeutung ist out. Arbeiten und Feiern bis zum Umfallen für Ruhm und Ehre - damit können junge Leute heute nichts mehr anfangen. "Wir kommen aus einem stark von Improvisation und Doing geprägten Denken", sagt Uwe Kohrs. "Karriere entwickeln, Personalplanung mit Feedbacksystem sind vergleichsweise neu in Agenturen." Die Jungen wollen heute individuell ihren Talenten entsprechend entwickelt und gefördert werden. Talentprogramme sind wichtig, Fortbildungen, Verantwortung - und das systematisch und nicht "learning by doing". Dazu gehören die Kooperation mit den Hochschulen, Ausbildungsprogramme, einheitliche Standards wie sie die GPRA im PR-Bereich bereits aufgesetzt hat. Es darf aber ruhig noch mehr des Guten sein.
2. KONZENTRIERT ARBEITEN: Niemand wird dafür bezahlt, dass er besonders lange im Büro sitzt. "Wenn du professionell als Agentur arbeitest, strukturiert und organisiert, bekommt jeder seinen Job in 40 Stunden hin", sagt Uwe Kohrs. Home Office bieten inzwischen viele Agenturen an, aber dann sollten sich Chefs und Kollegen auch Sprüche sparen wie: "Nimmst du heute deinen halben Tag?". Präsenz und Fleiß haben nur bedingt mit der Arbeitsqualität zu tun.
3. FLEXIBEL SEIN: "Die jungen Leute wollen ja nichts mehr leisten", klagen Agenturen laut Kohrs oft. Das ist falsch. Sie wollen arbeiten, viel, engagiert, aber sinnvoll und zielgerichtet. Der Porsche muss es nicht sein, dafür ist Selbstverwirklichung angesagt. Die Generation Y will sich entfalten können. Dafür braucht es unter anderem flexible Arbeitszeitmodelle, die Raum lassen für Nebenjobs, eigene Projekte, große Ideen und nicht zuletzt - die eigene Familie.
4. FAIR BEZAHLEN: Freilich werden es Agenturen nie mit dem Gehalt aufnehmen können, das Unternehmen ihren Angestellten bezahlen. Dennoch: Mindeststandards müssen sein - zu Beginn. Später braucht es faire Entwicklungsperspektiven. Früher galt, so Kohrs: "Wer es aufs Deck der Galeere schaffte, in der du ruderst, an die frische Luft, war manchmal extrem schwer nachvollziehbar." Die GPRA macht es vor: Trainees und Volontäre bekommen in den Mitgliedsagenturen inzwischen mindestens 1600 Euro pro Monat.
5. BESSER VERMARKTEN: Eines können Agenturen bis heute besser als alle anderen: Sie bieten einen Arbeitsplatz, der es an Vielfalt, Spontaneität und Flexibilität leicht mit anderen Jobs aufnehmen kann. Wer in Agenturen arbeitet, lernt unheimlich viel, schnell, ist mit Spaß bei der Sache und profitiert im Team von inspirierenden Kollegen. "Wenn du verwalten willst", sagt Uwe Kohrs, "geh in die Industrie, aber da musst du lange warten, bis du deine Yuccapalme kriegst. Wenn du gestalten willst, geh in die Agentur." Die Branchenverbände lancieren aus gutem Grund eine große Employer-Branding-Kampagne, die die GPRA zusammen mit BVDW, OMG, FAMAB und GWA gestaltet.
Das ausführliche Streitgespräch zum Thema gibt's in der aktuellen W&V (Ausgabe 34/2016 vom 22.8.)