Social Media:
Psychoexperimente bei Dating-Seite: "So funktionieren Websites nun mal"
Jeder, der das Internet nutze, sei jederzeit Ziel hunderter Experimente, schreibt Christian Rudder, Manager der amerikanischen Dating-Plattform OKCupid und gibt Experimente mit den eigenen Nutzern zu.
Jeder, der das Internet nutze, sei jederzeit Ziel hunderter Experimente, schreibt Christian Rudder, Manager der amerikanischen Dating-Plattform OKCupid. "So funktionieren Websites nun mal." Kurz nachdem die Aufregung über Facebooks heimliche Psychoexperimente wieder abebbte, enthüllt dDie Single-Börse eigene Versuche mit der Manipulation von Nutzern. Bei einem davon wurde Mitgliedern angezeigt, dass sie den Algorithmen zufolge besser zu einander passten als eigentlich errechnet. OKCupid habe damit testen wollen, wie stark solche Empfehlungen das Verhältnis der Menschen beeinflussen, heißt es in einem Blogeintrag mit dem provokanten Titel "Wir experimentieren an Menschen!". Das machten alle Webseiten ständig, erklärte das Unternehmen schulterzuckend.
Bei anderen Experimenten von OKCupid wurden demnach Fotos und Profilinformationen ausgeblendet. Die Nutzer seien anschließend über die Versuche aufgeklärt worden, hieß es.
Facebook hatte mit einem Experiment für Aufruhr gesorgt, bei dem Mitgliedern künstlich mehr positive und negative Beiträge in dem Nachrichtenstrom angezeigt wurden. Dabei sollte getestet werden, wie die unterschiedliche Stimmung auf die Nutzer abfärben würde.
Bei OkCupid wurde Mitgliedern mit einer von der Software ermittelten niedrigen Übereinstimmung von 30 Prozent angezeigt, sie passten angeblich sehr gut zueinander mit einem Wert von 90 Prozent. Man habe testen wollen, "ob Leute einander mögen, nur weil sie denken, das müsse so sein", schreibt Rudder. Das trat auch ein: Nutzer in dem Versuch tauschten deutlich mehr Nachrichten aus als sonst bei einem Übereinstimmungswert von 30 Prozent. Bei den Versuchen sei es darum gegangen, den Service besser zu machen und die Nutzer besser zu verstehen, betonte Rudder.
In einem anderen Testfall wurden im Januar 2013 zum Start einer neuen App für sieben Stunden alle Profilbilder ausgeblendet. In dieser Zeit hätten die Nutzer mehr und tiefgründiger miteinander kommuniziert und schneller Kontaktinformationen ausgetauscht, schrieb der OKCupid-Manager. Als am Nachmittag die Bilder wieder freigeschaltet wurden, hätten sich 2200 Mitglieder unterhalten, ohne die Fotos der anderen Person zu kennen. Viele dieser Kontakte seien danach umgehend versiegt: "Es war, als hätten wir in einer Bar um Mitternach grelles Licht angemacht." Ein weiterer Versuch habe ergeben, dass Nutzer viel mehr auf Fotos als auf den Profiltext achten.
In den Nutzungsbedingungen von OKCupid steht, dass Nutzerdaten für Forschungszwecke eingesetzt werden können. Auch Facebook nahm inzwischen eine entsprechende Passage in seine Bestimmungen auf. Kritiker des Facebook-Experiments hatten zugleich bemängelt, dass vielen Nutzern nicht klar sei, was sich hinter diesen Worten verstecke und es keine ausdrückliche Zustimmung der Mitglieder zu dem konkreten Versuch gegeben habe. (dpa/fm)