Innerhalb der einzelnen Seitenbereiche ist Konsistenz meist gegeben, Abweichungen fallen erst bei einer Betrachtung der gesamten Website auf. Die deutlichsten Inkonsistenzen, sowohl im allgemeinen Look & Feel als auch in der Verwendung der verschiedenen UX-Elemente, bestehen im Support-Bereich. Dort werden teilweise abweichende Buttons, Schriftgrößen, Links- und Teaser-Formate verwendet. Auch bei den Community-Foren trifft der User auf eine völlig andere grafische Oberfläche.

Die Barrierefreiheit der Webseite hingegen ist auf sehr guten Level, auch Formulare bieten eine gute Usability: Hinweise für die notwendige Passwortlänge und -stärke werden aufgezeigt und die Eingabe wird bereits beim Tippen verifiziert. Automatismen ergänzen zum Beispiel die gesuchte Stadt anhand der Postleitzahl. Fehler bei Mailadressen, Telefonnummern und anderen Angaben werden erkannt und direkt am Eingabefeld markiert.

Highlight-Produkte attraktiv präsentiert

Ebenfalls 3,7 Punkte erzielt die Webseite im Bereich Content Quality. Die Produktdarstellungen, insbesondere die der Flagship-Produke (neue Kameras, TVs und weitere Highlights), sind überwiegend gelungen. Alle relevanten Informationen sind vorhanden, gut strukturiert und gut lesbar. Unterstützt werden diese durch zahlreiche Bilder, Grafiken und Videos.

Auf den Produktdetailseiten sind die Texte meist angenehm kompakt und in einem balancierten Verhältnis zu den Bildern und Grafiken. Auf Artikelseiten werden hingegen etwas zu große Spaltenbreiten mit rund 110 und mehr Zeichen verwendet, was die Lesbarkeit tendenziell erschwert. Auch wenn die Texte gelegentlich mit Bildern und Hervorhebungen aufgelockert werden, könnten Zwischenüberschriften, Info-Boxen oder Aufzählungen das Leseerlebnis verbessern.

Wie werden die Produkte darüber hinaus erlebbar gemacht? Sony verfolgt durchaus Storytelling-Ansätze, speziell für die Kameras: Es gibt sogar eine dedizierte Stories-Sektion im Spezialbereich "α Universe", aber die Inhalte sind unzureichend aus den Produkt-Seiten heraus verlinkt. Trotzdem ist dies der richtige Weg, Kontext zu schaffen und die Community emotional einzubinden. Solche Ansätze lassen sich auch auf andere Produkte übertragen und konsequenter in die User-Führung integrieren. Positiv fällt auf: Die Videos auf der Seite haben eine professionell abgestimmte Dramaturgie mit ansprechenden Audio-Effekten und Musik.

Stolpersteine bei der Händler-Suche

Mit 3,3 Punkten erfüllt Sony.de im Bewertungsbereich Utility die Erwartungen. Die Seite bietet Interaktionsmöglichkeiten und deckt auch die wichtigsten UX-Aspekte im Produktbereich ab. Die Produkte lassen sich bequem sortieren und vergleichen. Die Filter funktionieren zuverlässig und mit einer zufriedenstellenden Usability. Verwandte Produkte und Zubehör werden stets auf den entsprechenden Produktdetailseiten angeboten. Weiterführende Empfehlungen fehlen zwar, die Auswahl erscheint jedoch trotzdem relevant und gut sortiert. Auch positiv zu vermerken: Die bereits angesehenen Artikel werden zum schnellen und bequemeren Zugriff stets am unteren Rand der aktuellen Seite angezeigt.

Bei der Händler-Suche schleichen sich Fehler ein. Diese sind zwar einzeln betrachtet eher geringfügig, können aber in der Summe das Gesamterlebnis des potenziellen Käufers etwas trüben. So ist zum Beispiel bei der Händlersuche ein ungeeigneter Umkreis der Karte (50 bis 60 Kilometer vom wirklichen Standort) voreingestellt. Das Ergebnis: Der User wird von unwahrscheinlich vielen Verkaufsstellen erschlagen, selbst wenn er eine genaue PLZ angegeben hat – im Grunde eine Kleinigkeit, die jedoch ein paar wertvolle Klicks und Sekunden kostet.

Auch die Darstellung der Kaufoptionen – online und stationär – kann im ersten Augenblick vom User nicht gut erfasst werden: Er trifft auf unerwartete Auswahlmöglichkeiten und muss unnötige Klicks tätigen, um ein paar Zeilen nach unten zu scrollen. Das mag kleinlich klingen, aber wenn es um Conversions geht, sind Kleinigkeiten bewiesenermaßen nicht zu unterschätzen.

Luft nach oben gibt es auch bei den Ladezeiten von Sony.de. Die Performance leidet vor allem unter der suboptimalen Implementierung von JavaScript und CSS. Hier sollte definitiv nachgebessert werden.

Markenerlebnis findet nur auf Produktebene statt

Bei der Brand Perception (3,7 Punkte) fehlt die übergeordnete Kommunikation. Das Markenerlebnis spielt sich meist nur auf den Produktdetailseiten ab. Hier unterstützen Bildsprache, Aufmachung und die multimediale Vielfalt ein gelungenes Markenerlebnis. Der User wird auf eine Minireise mitgenommen und durch verschiedene Formate und Inhalte ausführlich von den Vorzügen der Produkte überzeugt. Was etwas zu kurz kommt, ist eine übergeordnete Kommunikation, die die Marke als Ganzes stärkt, vom Wettbewerb differenziert und als Digital Leader etabliert.

Die Marke Sony findet sich in allen Bereichen der Webseite. Das Sahnehäubchen wäre jedoch eine Inszenierung der eigenen Design-Kompetenz. Denn spätestens seit Apple und Googles Material Design wissen wir, welche Zugkraft Design im weitesten Sinne entfachen - und damit weitere spannende Zielgruppen aktivieren - kann.

Innovationspotenzial der Produkte nicht auf die Webseite übertragen

Im Bereich Joy of Use schneidet Sony.de mit 3,0 Punkten durchschnittlich ab. Die Präsentation der Produkte macht Lust auf Ausprobieren und Erforschen. Ansprache und Tonalität passen zur Zielgruppe der privaten Nutzer. Interaktivität gibt es vor allem im persönlichen Bereich "My Sony", der nicht nur einen Zugang zur Community, sondern auch der Sammelort für Produkt-Registrierungen, News und spezielle Angebote ist. Schade ist, dass die Webseite nicht den Innovationsgrad der Produkte aufweist und keine zusätzlichen Impulse in Richtung Innovation gibt.

Damit ist Sony.de im Grunde eine Plattform für Produktpräsentationen und Support. Der Blick auf die internationalen Präsenzen von Sony verrät: Die Präsentation der Marke bekommt Sony auch besser hin. In den USA und insbesondere im asiatischen Raum wird mehr kommunikatives Investment in die Stärkung und den Aufbau der Dachmarke betrieben. Innovationsgehalt, Modernität und Präsenz in sozialen Kanälen sind Faktoren, die die deutsche Webseite vermissen lässt.

Um die UX zu verbessern, sollten die Mängel in der Navigation und der User-Führung auf tieferen Ebenen eliminiert und eine konsistente User Experience auch im Support-Bereich implementiert werden. Vor allem jedoch sollte Sony mehr in ein innovatives und inspirierendes Markenerlebnis investieren. Dies wäre in erster Linie über Storytelling, spannende Kampagnen und neue Design-Akzente zu erreichen.

*Zum Autor: Markus Lucht leitet bei UDG United Digital Group als Managing Partner den Bereich Client Service. Der 43-Jährige ist seit Gründung der Agentur an Bord, zu seinen Schwerpunkten zählen digitale Markenführung und User Experience.

Zur Methodik: Untersucht wurde im September 2018 die User Experience anhand der fünf Hauptkriterien Usability, Content Quality, Utility, Brand Perception und Joy of Use in jeweils drei Unterkriterien. In den Unterkriterien werden jeweils bis zu fünf Punkte vergeben, deren Mittel dann die Punktzahl des Hauptkriteriums bildet. Deren Durchschnitt wiederum ergibt das Gesamtergebnis von maximal fünf Punkten.


W&V Redaktion
Autor: W&V Redaktion

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