Keine Existenzangst?

Doch, natürlich. Dabei bin ich in einer guten Situation, was mein Alter und meine Ausbildung betrifft. Das Unterbewusstsein hat Angst vor Neuem, aber keine Entscheidung ist für immer. Man kann vieles einfach mal ausprobieren. Es gibt zwei Ansätze: neue Einkommensquellen generieren oder die Lebenshaltungskosten senken. Ein erster Schritt kann aber auch einfach sein, den bestehenden Job nüchterner zu sehen, nicht mehr mitzumachen bei dem „Theaternebel“ und dem Stress- und Überstundenwahn der heutigen Bürowelt. Wenn jeder einfach nüchtern seine Arbeit macht, werden die Ergebnisse besser – und es bleibt Zeit und Kraft für anderes.

Zum Beispiel? Was kann glücklicher machen als Arbeit?

Zeit und Ruhe sind die neuen Statussymbole, nicht mehr Geld und Stress. Wer diesen Wertewandel vollzogen hat, bringt gute Ergebnisse und geht trotzdem pünktlich nach Hause und genießt das Leben. Überstunden sollten ja schon rein arbeitsrechtlich die Ausnahme sein, nicht die Regel, das ist heute oft auf den Kopf gestellt. Auch wissen viele nicht, dass sie einen rechtlichen Anspruch auf Teilzeit haben.

Wie finanzieren sie sich ihren Lebensunterhalt?

Ich lebe von meinen Ideen, indem ich sie zu Büchern und Vorträgen mache. Und ich senke meine Lebenshaltungskosten, ohne den Lebensstandard zu senken. Das macht unabhängiger. Ich verbringe mehr Zeit mit Menschen die mir nahe stehen. Ich habe den Kopf frei für Dinge, die mich interessieren. Ich bilde mich weiter, lerne Sprachen, Yoga und anderes.

Könnten sie sich vorstellen wieder in ihren alten Beruf einzusteigen?

In fünf Jahren mache ich, worauf ich dann Lust habe. Ich denke nicht bei allem in der Kategorie „einmalige Lebensentscheidung“, das macht unglaublich gelassen.

Wen wollen sie mit ihrem Buch ansprechen?

Diejenigen, die sich fragen, was es sonst noch im Leben geben könnte außer der Arbeit. Das gilt für alle Altersstufen, auch schon für Berufsanfänger.

Wann sollte man aussteigen? Generell oder nur bei akuter Unzufriedenheit?

Aussteigen sollte nur, wer weiß, was er ohne Arbeit machen will. Aussteigen ist etwas für Leute, die ihr Leben größer machen wollen und nicht kleiner. Es macht nicht per se glücklich zu arbeiten oder nicht zu arbeiten, es geht um den freien Willen. So wie manche Leute unfreiwillig ohne Arbeit sind, so gehen jeden Tag Millionen unfreiwillig zur Arbeit. Beides macht unglücklich.

Was ist die Voraussetzung für einen gelungenen Ausstieg?

Ich habe 25 völlig unterschiedliche Strategien entwickelt: Das fängt mit einfachen Tipps an, die Arbeitszeit im bestehenden Beruf konsequent zu reduzieren. Für die Klassiker wie Lotto spielen oder reich heiraten habe ich Erfolgsregeln ausfindig gemacht. Man kann sich auch selbst outsourcen, indem man dem Arbeitgeber seine bisherige Arbeit selbstständig anbietet und sich dann von anderen zuarbeiten lässt. Man kann einen Generationenvertrag mit den eigenen Kindern schließen oder von seinen Ideen leben, indem man sie zu Büchern oder Patenten macht. Dafür gebe ich Schritt-für-Schritt-Anleitungen. Sich von unnötigen Ausgaben befreien, sich nicht von überteuerten Möbeln oder Klamotten ins Hamsterrad treiben lassen oder vom Eigenheim mit seinen monatlichen Raten. Die billigsten Orte der Welt gehören übrigens oft zu den schönsten.

Herr Kitz, vielen Dank für ihre freie Zeit und das Interview.


Autor: Katrin Otto

ist Expertin für Medien. Sie schreibt über Radio, Außenwerbung, Kino, Film und und natürlich Podcast und Streaming. Privat ist sie gern auf Konzerten, im Kino oder im Wasser.