Die Marke Richard Gutjahr ist professionell verpackt, aber für welche Inhalte steht sie eigentlich? Für Apple-Hardware? NSA? Lobbyismus in Brüssel? Zukunft des Journalismus? Silicon Valley? Oder doch eher Arabischer Frühling? Ich weiß es nicht, denn Richard Gutjahr schreibt und dreht über alles Mögliche viel, nur behält man so wenig. Man weiß, dass er als erster Deutscher ein iPad gekauft hat. Auch Tilo Jung vermittelt den Eindruck, dass er gerne Erster in irgendetwas ist, als Erster ein bestimmtes Format produziert und als Erster eine bestimmte freche Frage in der Bundespressekonferenz stellt. Aber das alles taugt mehr zur Anekdote als zur starken Marke.

Das Gegenteil von Richard Gutjahr und Tilo Jung ist übrigens Sascha Lobo. Lobos einziger öffentlicher Superlativ ist die markanteste Frisur, die ein "Spiegel"-Mitarbeiter jemals getragen hat. Aber bei der Arbeit ist der Mann ohne journalistische Ausbildung klassische alte Schule: Er verbeißt sich in Themen, steigt tiefer ein, argumentiert mit literarischer Wucht (wenn er in Form ist), vermittelt immer Haltung. Lobo beschreibt mit den Mitteln des Homme de lettres unsere Zukunft, wo Gutjahr und Jung mit dem jeweils neuesten iPhone nur ihre eigene Gegenwart abfilmen.

Das ist der Unterschied zwischen einer Marke und einer starken Marke. Aber nichts, worüber man abstimmen kann.


W&V Redaktion
Autor: W&V Redaktion

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