Was bisher nur hinter vorgehaltener Hand ausgesprochen wurde, ist nun Gewissheit: Der Media-ROI sinkt. Gäbe es nur eine einzige Aufgabe, der sich die Mediaagenturen zu widmen hätten, dann wäre es wohl den Return on (Media) Investment ihrer Kunden zu sichern und zu steigern. Oder fällt Ihnen spontan eine wichtigere ein?

Man muss es den Profis in manchen Agenturen vielleicht noch einmal ganz langsam erklären: Die Kunden investieren Geld in ihre Kampagnen, um etwas zurück zu bekommen. Echt wahr. Weder ist das Geld dazu da, um Dienstleister zu bereichern, noch um KPIs wie GRPs oder „Cost-per-Somethings“ zu kaufen, wenn sie keinen oder nur homöopathischen  Einfluss auf die Kampagnenwirkung besitzen.

Wenn Frau Beuchler den ROI mit Nachdruck einfordert, dann müssen sich die Agenturen warm anziehen. Und die Medien gleich mit.

Den Misserfolg effizienter machen

Gleichzeitig - und jetzt wird Frau Beuchler konkreter - habe die „zunehmende Komplexität und Fragmentierung der Medienlandschaft einen Einfluss auf die Wirksamkeit von Kampagnen“. Unterstellen wir einmal, sie meint damit einen nicht wirklich positiven Einfluss. Eigentlich sollte die Fragmentierung der Medien - und mit ihr so sensationelle Erfindungen wie Targeting und Real Time Bidding - das Erreichen individueller Zielgruppen erleichtern und erfolgreicher machen. Nur den Misserfolg effizienter zu machen, war dann leider doch nicht das Ziel.

Das Gegenteil ist gefordert: Tina Beuchler meint zu Recht Kampagnenerfolg UND Effizienz. Derweil sinken jedoch die Klickraten. Und jede weitere Automatisierung, die die Mediaagenturen mit aller Kraft forcieren, wird höchstens dazu führen, dass sich die Mediapläne, Software-gesteuert, noch mehr gleichen wie ein Ei dem anderen. Auch Trading (das gewinnträchtige Verscherbeln von auch minderwertigem Medien-Inventar durch Agenturen - d. Vf.) hält sie für einen Irrweg und lehnt es kategorisch ab.

Offenbar erwartet man im Kundenverband von den Agenturen gänzlich andere Lösungen. Als Mediaagentur würde ich mich vorsorglich schon einmal warm anziehen.

Oh, oh, Veränderungen…

Vom Thema „Transparenz“ hatte man lange nichts mehr gehört. Was die Agenturen längst als erledigt abgehakt hatten, ist jedoch nie von der Agenda runter genommen worden. Zu früh gefreut. Für Tina Beuchler ist Transparenz sogar eines der Top-Themen. Die Refinanzierungssysteme der Mediaagenturen seien nicht (!) im Interesse der Werbungtreibenden, die am Ende ohnehin die Rechnung bezahlen. Vieldeutig formuliert sie: „Und für mehr Transparenz bedarf es Veränderungen“. Man müsse sehen, wie weitreichend. Wir können nur spekulieren, was genau sie damit meint. Aber zumindest darf man ihr unterstellen, dass sie mit „weitreichend“ nicht meint, dass sich - wie in der Vergangenheit - rein gar nichts für die Kunden ändert.

Nun dürften es die CFOs in den Mediaagenturen sein, die sich warm anziehen müssen. Zum Beispiel, wenn sie sich vor Sir Martin Sorrell, Maurice Lévy und John Wren kleinlaut dafür verantworten müssen, dass ihnen die bösen Kunden ihre finanziellen Goldesel streitig machen.

ROI… Kampagnenwirksamkeit… Media-Effizienz… Transparenz… Refinanzierungssysteme… Veränderungen…! Viel länger muss die To-Do-Liste der Organisation der Werbungtreibenden nicht sein, um den Mediaagenturen ab sofort schlaflose Nächte zu bereiten.

Die OMG, der Mediaagenturverband, selten verlegen um eine nichtssagende Antwort, wird alles von sich weisen. Stets sei man bemüht, den Kampagnenerfolg der Kunden zu steigern - und investiere unvorstellbare Summen, um die großartige Leistung der Mediaagenturen für ihre Kunden nachhaltig zu sichern. Zudem biete man seit jeher absolute Transparenz. Spätestens wenn Sie diese Pressemitteilung lesen, wissen auch die letzten Kunden, dass die im OMG verbandelten Mediaagenturen weder zuhören, noch die Bedürfnisse oder gar die Forderungen ihrer Kunden ernstnehmen.

Das verspricht ein heißer Herbst zu werden. Und für die Mediaagenturen ein historisch kalter Winter.

Ich freue mich auf Tina Beuchler. Der OWM hat sie verdient.


Autor: Thomas Koch

Eine Ikone der Branche. Der Agenturgründer und frühere Starcom-Manager kennt in der Media-Branche alles und jeden. Thomas Koch ist Mr. Media.