Großbritannien:
Kommerzielles Lokalfernsehen in der Krise
Das größte britische Lokal-TV-Unternehmen schließt 13 seiner insgesamt 20 Studios. Und will zudem die Produktion lokaler Programme reduzieren.
Das Vorhaben, in Großbritannien Dutzende lokale kommerzielle Fernsehstationen zu etablieren, steht weiterhin unter keinem guten Stern. Jetzt hat That’s TV, das größte britische Lokal-TV-Unternehmen angekündigt, dass es 13 seiner insgesamt 20 TV-Studios schließen will.
Angesichts "der wirtschaftlichen Schwierigkeiten in diesem Segment" hat die britische Medienbehörde Ofcom den Schließungsplänen bereits zugestimmt. So werden künftig beispielsweise die Lokalprogramme von That’s Hampshire, That’s Surrey, That’s South Midlands, That’s Thames Valley, That’s Salisbury und That’s Solent ausschließlich vom Studio in Salisbury produziert.
Darüber hinaus beantragte That’s TV allerdings auch, bei den meisten TV-Stationen die Erstausstrahlungen lokaler Programme zu reduzieren sowie die Zahl der Nachrichtensendungen und aktuellen Programme bei einer Reihe kleinerer Sender.
Auch diesen Antrag wird die Ofcom voraussichtlich durchwinken. Die Medienbehörde meldete allerdings Bedenken an, dass ein solcher Schritt den "Charakter der lokalen Angebote" verändern würde. Deshalb will sie hierüber weiter beraten. Möglicherweise kommt es deshalb zu einigen Auflagen.
Dass That’s TV überhaupt über 20 lokale TV-Lizenzen verfügt, liegt daran, dass zahlreiche, vormals unabhängige Sender schon kurz nach dem Launch in eine finanzielle Schieflage gerieten, obwohl das Lokal-TV mit Geldern aus den BBC-Rundfunkgebühren unterstützt wird. Mehrere Stationen hatten deshalb ihre Lizenzen an That’s TV weitergereicht. Insgesamt gibt es in Großbritannien derzeit 34 kommerzielle TV-Lokalsender.
Ein Projekt von Jeremy Hunt
Die Idee, in Großbritannien Dutzende lokale Fernsehsender aufzubauen, stammt vom ehemaligen Kultur- und Medienminister Jeremy Hunt, der derzeit gegen Boris Johnson um den Vorsitz der Konservativen Partei und damit um den Job des künftigen Premierministers kämpft.
Selbst das "Kronjuwel" der Lokal-TV-Pläne Hunts, der Londoner Sender London Live, steht laut Medienberichten schon seit Monaten zum Verkauf. Laut dem britischen Handelsregister Companies House sind inzwischen bei dem Sender Anlaufverluste in Höhe von 30 Millionen Euro entstanden.
London Live, wie die meisten anderen Lokalstationen, erzielt Einschaltquoten am Rande der Messbarkeitsgrenze. So ist es kein Wunder, dass die Sender oftmals Gegenstand des Gespötts der nicht gerade zimperlichen britischen Boulevard-Presse sind.