Die verkaufte Auflage des wöchentlichen Nachrichtenmagazins lag im vierten Quartal 2020 nach Zahlen der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) bei 649 235 Exemplaren und damit um gut sechs Prozent unterhalb des Werts aus dem vierten Quartal 2019. Allerdings ist auffällig, dass es im Corona-Jahr einen großen Rückgang bei der Position der Bordexemplare an Flughäfen gab und im Gegensatz dazu die Zahl der Abonnenten um mehr als fünf Prozent wuchs.

Der Anteil der reinen digitalen Umsätze liege mittlerweile bei mehr als 30 Prozent bezogen auf den Gesamtumsatz, sagte Hass. In den vergangenen Jahren sei jährlich ein Anstieg um rund fünf Prozentpunkte verzeichnet worden. 2019 kamen mit 73,1 Millionen Euro annähernd 30 Prozent der Umsätze aus dem Digitalgeschäft mit Vermarktung und Vertrieb.

Die "Spiegel"-Gruppe hatte im Frühjahr 2020 inmitten der Pandemie ihren Sparkurs von zunächst zehn Millionen Euro in einem ersten Schritt angekündigt. Dabei ging es zum Beispiel um die Kürzung von Marketing- und Beratungsbudgets oder den Stopp von Umbauten und Umzügen im Haus. Das Medienhaus will zudem in einem zweiten Schritt in den kommenden Jahren zusätzlich dauerhaft und in Etappen zehn Millionen Euro an Kosten senken.

Zu dem Sparkurs zählt auch ein Vorruhestands- und Altersteilzeitmodell. Mehr als 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich nach Unternehmensangaben dazu entschlossen, das Modell zu wählen. Die Beschäftigten kommen aus den Bereichen Verlag, Dokumentation und Redaktion.

Personelle Entwicklungen beim "Spiegel" waren zuletzt auch aus einem anderen Grund Thema. Unlängst hatten mehrere Medien darüber spekuliert und angedeutet, dass in der "Spiegel"-Chefredaktion Uneinigkeit herrsche und dass ein Weggang von Chefredakteurin Barbara Hans bevorstehen könnte. Auch ein Mitarbeiterbrief war aufgegriffen worden, bei dem der Umgang der Spitze mit Hans kritisiert worden sein soll. Der Verlag äußerte sich auf Nachfrage nicht zu dem Thema.

Auf den "Spiegel" sind die Augen der Medienbranche auch gerichtet, weil sich dort schon länger das vollzieht, was vielerorts ebenfalls im Gange ist: die engere Verzahnung von Print- und Onlineredaktionen.

Hass sagte: "Am Anfang waren die Themen Mitspracherecht und Beteiligung ein großes Thema." Inzwischen habe man eine Lösung gefunden, indem nach und nach immer mehr ehemalige Online-Kollegen in die Mitarbeiter KG kommen und damit stille Gesellschafter beim "Spiegel" werden. Dieses Modell der Mitarbeiterbeteiligung, das "Spiegel"-Gründer Rudolf Augstein angestoßen hatte, ist ungewöhnlich in der Medienbranche.

"Spiegel"-Geschäftsführer Stefan Ottlitz ergänzte: "Es ist am Ende auch ein Kulturprozess. Man muss sich klar machen: Nicht eine Kultur schluckt die andere, sondern: Aus zwei Kulturen entsteht eine neue. Und dieser Prozess dauert lange. Das muss sich entwickeln und ist nicht innerhalb von zwei, drei Jahren zu machen."

Die "Spiegel"-Gruppe will weiter in digitalen Journalismus investieren. Ottlitz sagte über das Jahr 2020 im Vergleich zu 2019: "Nimmt man alle Steuereffekte wie zum Beispiel Mehrwertsteuersenkung für Digital-Abos raus, haben wir 6,5 Millionen Euro zusätzlichen Umsatz mit SPIEGEL+ gemacht." Zum Ausblick sagte er: "Für 2021 nehmen wir uns sieben Millionen Euro vor." SPIEGEL+ startete 2018.

Im Herbst 2020 verzeichnete das Abomodell laut Ottlitz 100 000 Vollzahler - der Verlag rechnet hier ausschließlich Abonnenten, die nur das digitale Angebot nutzen, im Monat ab 15 Euro zahlen und nicht in Kombination dazu ein Abo für das Nachrichtenmagazin haben. "Wir wollen bis in 2025 daraus 200 000 machen. Dann kriegen wir es hin, den Rückgang in den Standard-Anzeigenfeldern durch Wachstum in den Standard-Digitalabos aufzufangen", betonte Ottlitz.

Für 2021 sei ein Ausbau im Audiobereich geplant. "Wir werden versuchen, mit Audio-Zusatzabos auf ein weiteres und neues Nutzungsbedürfnis einzugehen." Es entstehe derzeit in der Verlagsgruppe ein digitales Angebot, das nur auf Sprache basiert. "Wir werden dort alle Texte aus dem Heft vorlesen lassen", sagte Ottlitz. Daneben seien weitere Funktionen und Angebote geplant, über die noch nicht geredet werden könne.

Aus dem Verlagshaus Gruner + Jahr, das zu den "Spiegel"-Eigentümern gehört, war unlängst bekanntgeworden, dass die Politik- und Wirtschaftsredaktionen der Gruner + Jahr-Magazine "Stern" und "Capital" fusionieren. Auf die Frage, ob man sich bei der "Spiegel"-Gruppe ein ähnliches Modell von "Spiegel" und dem der Gruppe zugehörigem "Manager Magazin" vorstellen könne, sagte Hass: "Nein, das planen wir derzeit nicht."