Hilft Ihnen bei Ihrem Job die Sozialisation im besonders männeraffinen Umfeld des Sport1-Vorgängers DSF?

Jede Karrierestufe prägt für die nächsten beruflichen Schritte. Beim DSF war ich damals die einzige Frau im Management und dann noch in einer - zumindest damals - enorm männerdominierten Branche wie dem Sport. Vorurteilen bin ich selbstverständlich auch begegnet. Selbstbewusstsein und Know-how ist in meinen Augen der Schlüssel zum Joberfolg - und nicht die Auseinandersetzung mit stereotypischen Geschlechterrollen.

War das Ihr Ziel – ganz oben im Sender?

Schon seit Kindesbeinen an bin ich recht ehrgeizig und selbstbewusst, aber nicht verbissen. Herausfordernde Situationen nehme ich gerne an und scheue mich auch heute nicht, mal ins kalte Wasser zu springen. Diese Eigenschaften haben mir in der Vergangenheit immer hilfreich zur Seite gestanden und mir, bis heute, den Weg geebnet. Von vielen Chancen, die ich glücklicherweise ergreifen durfte, wurde ich auch schlichtweg überrascht. Im positiven Sinne.

Nun ist Discovery Networks ein US-Unternehmen. In den Staaten haben Frauen deutlich bessere Karrierechancen. Bemerken Sie Unterschiede zu deutschen Arbeitgebern?

Weltweit arbeiten Frauen bei Discovery Networks ganz selbstverständlich in Führungspositionen. Die hiesige Diskussion etwa über die Frauenquote wird im Unternehmen nicht geführt. Denn es gilt deine Persönlichkeit und das, was du kannst, welche Ausbildung du genossen hast. Das Geschlecht spielt dabei keine Rolle.

Wird es hierzulande leichter für Frauen in Chefsesseln?

Für die aktuell heranwachsende Generation an Führungskräften sind Frauen im Upper Management eine Selbstverständlichkeit und keine zu bestaunende Kuriosität mehr. Hinsichtlich der Möglichkeiten, Kinder und Job ohne schlechtes Gewissen zu vereinbaren, muss die Politik auf Bundesebene aber sicherlich noch weitere hochwertige und umfassende Betreuungsangebote schaffen. Denn nur so können Frauen die Chance auf eine Position im Chefsessel wahrnehmen, ohne dabei auf das Mutterdasein verzichten zu müssen.

Gibt es in Ihrem Team viele Frauen in Führungspositionen?

Wir weiten unser weibliches Führungsteam derzeit aktiv aus und ich freue mich, dass Kathrin Brunner uns seit einigen Wochen als Director Digital Media & Strategy unterstützt.

Arbeiten Sie lieber mit Männern oder Frauen zusammen?

Ich arbeite gerne im Team mit engagierten, ideenreichen und offenen Menschen zusammen, egal ob männlich oder weiblich. Jedes Geschlecht bringt seine ganz besonderen Eigenschaften und Eigenarten mit, die ich von beiden Seiten nicht missen möchte. Kompetenz ist nicht geschlechtsspezifisch.

Passt das gut – Frauen, die für Männer programmieren, planen, vermarkten?

Natürlich passt dies mehr als gut. Denn wie viele Männer planen für Frauen, quer durch sämtliche Branchen, für und in jeglichen Lebenslagen? Ob in Politik, Wirtschaft oder auch zum Beispiel in der Mode. Ob es dort immer passt, wird überhaupt nicht hinterfragt. Und ähnlich wie schon bei Dmax schalten auch bei unserem neusten Senderzuwachs Eurosport viele Frauen ein, somit sollte auch nicht in solch strengen Klischees gedacht werden.

Wenn es um Männeraffines wie Dmax geht – fragen Sie Männer um Rat? Welche?

Ich kann nicht für alle Themen und Belange eine Expertin sein und vertraue daher auf mein rund sechs köpfiges Führungsteam, mit dem ich mich vor Entscheidungen oder Verhandlungen ausgiebig beratschlage. Natürlich spielen Intuition, Risikobereitschaft und auch immer eine Portion Glück eine Rolle, und bislang lagen meine Kollegen und ich hinsichtlich männeraffinen Themen scheinbar immer richtig.

Was machen Sie anders als Ihr männlicher Vorgänger?

Ich vergleiche mich nicht mit meinen Vorgängern, wenn auch ich deren jeweilige Errungenschaften, Erfahrungen und Leistungen natürlich zu schätzen weiß. Mein Arbeitgeber vertraut meinem Stil, meiner Herangehensweise – dies sind überzeugende Argumente, die ich tagtäglich bewusst zu erfüllen versuche. Dass es dabei miteinander "menschelt" und quer über die Flure auch einmal herzhaft gelacht wird, ist mir ein wichtiges Anliegen.

Welchen Job würden Sie gerne mal ausüben?

Ich wäre gern ein guter Schreiner oder Maler. Handwerklich kann ich mir zwar einigermaßen helfen, aber für eine richtige Schreinerwerkstatt würde ich den Schreibtisch durchaus einmal für ein paar Monate eintauschen.

Auch Ihr Privatleben ist stark von Sport und Männerthemen geprägt – Erfahrungen, die Sie im Job gut brauchen können?

Mein Mann ist Sportkommentator und erfüllt so direkt zwei Kriterien als perfekter Zuschauer meiner Sender. Nein, im Ernst. So sehr ich auch die privaten Gespräche mit Freunden und Familie liebe, ziehe ich nicht direkt aus jedem Gespräch, aus jedem Verhalten heraus eine Lehre für meine beruflichen Aufgaben.

Wer ist Ihr wichtigster Ratgeber?

Die meisten meiner Freunde haben keine bis nur wenige Berührungspunkte mit meinem beruflichen Leben. Dafür bin ich sehr dankbar, denn so lässt sich ein entspannender, aber dennoch häufig auch inspirierender Abstand zum Job gewinnen. Ganz vermeiden lassen sich berufliche Gespräche am heimischen Esstisch natürlich nicht immer. Oft haben gänzlich branchenfremde Personen einen äußerst spannenden und unverfälschten Blick auf das TV-Geschäft.

Was lehrt Sie Ihr Dasein als Mutter?

Geduld, Improvisation, immer Antworten zu haben, Prioritäten zu setzen und natürlich ein effektives Zeitmanagement an den Tag zu legen. Und gleichzeitig lerne ich, dass man dabei niemals perfekt sein kann. Aber am allermeisten, dass es nichts Wichtigeres gibt als Mama zu sein.

* Susanne Aigner-Drews verantwortet als Geschäftsführerin Discovery Networks Deutschland den Männersender Dmax, TLC, Discovery Channel und Animal Planet. Bevor sie 2011 an die Spitze berufen wurde, leitete sie fünf Jahre lang die Werbezeitenvermarktung von Dmax. Zuvor war sie unter anderem Bereichsleiterin Marketing und Vertrieb beim Sport-1-Vorgänger DSF und Geschäftsführerin der Mediaagentur Media Plan.


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.