Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte hat nun sogar ein pauschales Verbot von "Tote Mädchen lügen nicht" gefordert. Haben sich die Vertreter eigentlich irgendwann mal durch das andere Netflix-Material durchgeklickt? Welche hochwertigen Alternativen bieten sich denn? Wie viel Empathie, Haltung und Mitleid vermitteln denn stattdessen "Gossip Girl", "Degrassi High" oder "Pretty Little Liars"?

Wo bleibt die Schere beim "Hobbit"?

Ich unterstelle mal, dass Kinderärzte und Jugendschützer auch nicht wollen, dass alle pubertierenden Zuschauerinnen die intriganten, oberflächlichen und moralisch fragwürdigen jungen Menschen der anderen Teenie-Serien nachahmen. Und dass sie gleichzeitig keinerlei Regung mehr zeigen, wenn ihresgleichen gemeuchelt werden ("Tribute von Panem"), Genies sich im Drogenrausch ruinieren (BBC mit "Sherlock Holmes") oder sich ganze Völkerschlachten vor ihren Augen abspielen ("Hobbit", "Herr der Ringe").

All diese Inhalte sind übrigens ab 12 Jahren zugelassen, geschnitten wird hier eher nicht. Ausufernde Jugendschutz-Diskussionen dazu habe ich noch keine vernommen.

Wäre es nicht für alle einfacher, man schneidet die schwierigsten Szenen (Vergewaltigung und vor allem den tatsächlichen Selbstmord) um oder raus? Und vielleicht dürften sich einige Fans dann ohne Zweifel auf die zweite Staffel freuen, die sicher ebenso empathisch und erzählerisch sorgsam mit ihren Helden umgeht.


Autor: Anja Janotta

seit 1998 bei der W&V - ist die wohl dienstälteste Onlinerin des Hauses. Am liebsten führt sie Interviews – quer durch die ganze Branche. Neben Kreativ- und Karrierethemen schreibt sie ab und zu was völlig anderes - Kinderbücher. Eines davon dreht sich um ein paar nerdige Möchtegern-Influencer.