Freistellungen bei McClatchy, Kurzarbeit bei Gannett

Seit Beginn der Coronakrise sind in den USA laut einer Schätzung der New York Times etwa 28.000 Mitarbeiter bei Zeitungen, Zeitschriften sowie News-Websites von Gehaltskürzungen, Kurzarbeit oder Entlassungen betroffen.

Dabei war die Lage der US-Zeitungsbranche ohnehin schon vor Ausbruch der Coronakrise überaus angespannt. So hatte bereits im Februar der Verlag McClatchy, Herausgeber von rund 30 Zeitungen, darunter The Kansas City Star, The Miami Herald und die Sacramento Bee, Insolvenz angemeldet. Vergangene Woche kündigte der Verlag an, dass 115 der insgesamt 2700 Mitarbeiter vorübergehend freigestellt würden. Betroffen von dem Schritt sei vor allem die Marketingabteilung.

Zu einem besonders ungünstigen Zeitpunkt kommt die Krise für Gannett, dem größten US-Zeitungsverlag mit dem überregionalen Titel USA Today sowie mehr als 260 Tageszeitungen und Hunderten Wochenblättern. Der Verlag mit Sitz in McLean/Virginia nahe Washington D.C., der damit etwa ein Viertel aller US-Tageszeitungen publiziert, war erst im vergangenen Jahr durch die Fusion des "alten" Gannett mit der Nummer zwei auf dem US-Zeitungsmarkt Gatehouse Media entstanden – und sitzt seither auf einem riesigen Schuldenberg.

Nach Informationen des US-Medienexperten Ken Doctor dürften die Werbeeinnahmen Gannetts im zweiten Quartal um mindestens 30 Prozent einbrechen. Schon im Zuge der Fusion hatte Gannett-CEO Mike Reed Einsparungen durch Synergien und Kostensenkungsmaßnahmen in Höhe von 300 Millionen Dollar angekündigt. Nun, angesichts der Coronakrise, sollen nochmals 100 bis 125 Millionen Dollar an Einsparungen hinzukommen, unter anderem durch Gehaltskürzungen und Kurzarbeit.

Hilferuf des Zeitungsverbandes

Vergangene Woche sackte die Gannett-Aktie auf 63 Cent ab. Während der Unternehmenswert des "alten" Gannett vor 15 Jahren noch bei 18,5 Milliarden Dollar lag und im Januar dieses Jahres bei immerhin noch 823 Millionen, liegt er inzwischen bei gerade einmal 88 Millionen Dollar. Um diese Zahl richtig einzuschätzen: Jeff Bezos, der Gründer und CEO von Amazon, hat sich vor kurzem eine neue Villa in Beverly Hills für 165 Millionen Dollar gekauft – fast das Doppelte des gesamten Gannett-Unternehmenswerts.

David Chavern, President und CEO des Branchenverbandes News Media Alliance (NMA), der rund 2000 Zeitungen in den USA und Kanada vertritt, hat bereits mehrfach die US-Regierung um Hilfe für die Branche gebeten. "Covid-19 hat zu einer starken Schrumpfung des Werbemarktes geführt, was eine massive Belastung für die News-Organisationen bedeutet", erklärte Chavern.

Sobald die Coronakrise nachlasse, so der NMA-Chef weiter, gelte es aber, die noch größere Frage aufzugreifen, wie der Wert von Nachrichten-Inhalten überhaupt bemessen werde. Bei anderen Content-Formen wie Musik oder Bewegtbild würden die Distributoren einen Teil der Kosten tragen. "Unsere Distributoren sind Google und Facebook. Und es wird keine langfristige Antwort auf dieses Problem geben, bis sie mehr als bisher an den Journalismus zurückgeben."


Autor: Franz Scheele

Schreibt als freier Autor für W&V Online. Unverbesserlich anglo- und amerikanophil interessieren ihn besonders die aktuellen und langfristigen Entwicklungen in den Medien- und Digitalmärkten Großbritanniens und der Vereinigten Staaten.