Netflix rückt diese Basis-Informationen erst heraus, nachdem ich mich mit E-Mail-Adresse und Passwort angemeldet habe und Adresse sowie Zahlungsinfos eingegeben habe. Heißt: Selbst wenn bei diesen Konditionen für mich der Probemonat eigentlich gar nicht mehr interessant ist, hat Netflix auf jeden Fall meine Daten - die Entscheidung trifft der Kunde, bevor er die genauen Tarife kennt. Für einen der drei muss er sich außerdem auch im Gratis-Zeitraum schon mal entscheiden. Kein Musterbeispiel für Transparenz.

Immerhin: Auch wenn meine Daten futsch sind, kann ich den Probemonat jederzeit, das bezahlte Abo jeweils zum Ende des Vertragsmonats kündigen. Und: Wer beim Gucken merkt, dass er doch lieber mehr (oder weniger) Geräte als angegeben nutzt, kann den Tarif jederzeit wechseln, heißt es auf dem Anmeldeportal.

Gleich danach geht es weiter mit der Datensammelwut von Netflix: Auch welchen Geräten man denn grundsätzlich vorhabe, das Proramm zu schauen, wird gefragt. Ohne Ankreuzen geht's nicht vorwärts. Smartphone und Tablet? Fernseher, Apple TV, Computer, Spielkonsole? Die Sehgewohnheiten sind schon im Vorfeld enorm wichtig für Netflix, scheint's.

Dazu gehört natürlich auch, wer wohl alles schaut: Bis zu fünf Nutzerprofile lassen sich anlegen (ist aber für die Anmeldung nicht zwingend). Praktisch natürlich, weil man für den Action-Fan, die Serien-Freundin, die Kinder eigene Vorlieben definieren kann. Denn Netflix schlägt, ähnlich wie Amazon beim Bücherkauf, anhand der Vorlieben passende Filme und Serien vor. Weiß aber, sofern ich im folgenden Auswahlfenster ein paar Formate angeben, halt auch schon vor dem Konsum mehr über mich, als es über kurz oder lang ohnehin erfahren wird.

Die Auswahl unter den vorgeschlagenen Filmen und Serien lässt sich überspringen - das nächste Fernster bietet so oder so schon einmal ein paar Formate an, die zu sehen sich nach Auffassung von Netflix lohnt. Das wirkt aber recht beliebig: Meine Auswahl von drei Titeln wird so verwertet, dass Netflix dazu angibt, aufgrund welchen Formats welche Vorschläge entstanden sind. Und die passen mitunter gar nicht recht zueinander, basieren also vermutlich auf den Nutzungsgewohnheiten anderer Zuschauer ("wer xyz gesehen hat, mochte auch zfg ..."). Man will mich aber kennenlernen. "Je mehr Sie bewerten, umso treffsicherer werden unsere Vorschläge." Gut, dessen bin ich mir bewusst. Und mir darüber im Klaren, dass mir das ab und an die Suche erleichtern, aber nicht unbedingt meinen Horizont erweitern wird.

Das Angebot von Netflix in Deutschland wirkt auf den ersten Blick recht imposant. Natürlich glänzt der Sender mit den Eigenproduktionen "Orange is the New Black", "Hemlock Grove", "From Dusk Till Dawn" (Serie) und "House of Cards" (Staffel 2), die in Deutschland bisher nicht bzw. nur im Bezahlfernsehen verfügbar waren. Auch die Rechte an Rennern wie "Breaking Bad" und "The Walking Dead" (beide AMC), "Modern Family" oder "Pretty Little Liars" (beide ABC) hat sich der US-Anbieter gesichert. Das Filmangebot entspricht der gewohnten Mischung aus Klassikern, Oscar-Preisträgern, Neuheiten, gemischt aus Action, Trickfilm und Komödie. Auf den ersten Blick muss sich Netflix mit seiner Videothek hinter den Konkurrenten nicht verstecken, Überschneidungen gibt es natürlich.

Wer aber bereits einen der anderen Dienste nutzt (Watchever, Sky Snap, Maxdome, Amazone Prime), wird außer den Eigenproduktionen nur bedingt auf Neues stoßen. Da die Rechte ohnehin von Zeit zu Zeit (bei allen Portalen) auslaufen, rotiert das Angebot und landet erfahrungsgemäß früher oder später auch beim Dienst Ihrer Wahl. (Die bisherigen Anbieter ohne Netflix hat Spiegel Online hier verglichen.)

Die Bedienung am Fernseher ist unproblematisch, die Qualität (abhängig von der Datenleitung) der Übertragung gut. Aufgepasst aber: Nicht jeder Smart-TV hat Zugriff auf die erforderliche Netflix-App. Wer über eins der angegebenen Zusatzgeräte (Spielekonsole, Apple TV) mit Internet-Zugang verfügt, kann aber sofort auf dem großen Bildschirm loslegen. (In unserem Test war die Netflix-App bei Apple TV bereits auf der Starseite installiert). Die Kontoverwaltung über die Webseite ist gut zu bedienen, Profile und Geräte lassen sich leicht bearbeiten. Auch der Knopf zum Kündigen ist hier direkt zugänglich - ein Pluspunkt.

Das Pfund, mit dem Netflix in seiner Deutschland-Kampagne wuchert, ist die Werbefreiheit: Das ist eine bittere Pille für Marketer und möglicherweise eingefleischten Serienfans die Abo-Gebühren wert (zum Spot geht's via Link in der untersten Zeile des Tweets).


Autor: Susanne Herrmann

schreibt als freie Autorin für W&V. Die Lieblingsthemen von @DieRedakteurin reichen von abenteuerlustigen Gründern über Medien und Super Bowl bis Streaming. Marketinggeschichten und außergewöhnliche Werbekampagnen dürfen aber nicht zu kurz kommen.