
Dialog-Trends:
"Die Automatisierung bringt weitreichende Veränderungen mit sich"
Martin Nitsche, Präsident des Deutschen Dialogmarketing Verbandes (DDV), über Herausforderungen, Trends und neue Technologien im Dialogmarketing.

Foto: DDV
Herr Nitsche, welche Veränderungen erwarten sie für die unterschiedlichen Dialogmarketing-Tools bzw. -Kanäle?
"Insbesondere im Bereich des Einsatzes von KI und Automatisierungsprozessen in der Marketingpraxis wird es Bewegung geben – Stichwort Chatbots, erweiterer Kundenservice. Hier kratzt die Branche erst an der Spitze des Eisberges. Es geht beispielsweise nicht nur um die reaktive Beantwortung von Kundenfragen, sondern vielmehr um die geschickte Übersetzung der Kundendaten in einen proaktiven Kundendialog mit dem Ziel, die Bedürfnisse der Kunden anzusprechen noch ehe sie sie dem Unternehmen mitteilen. Darüber hinaus passiert aktuell viel in den Social Media Kanälen. Whatsapp wird zur Werbe- und Interaktionsplattform für Unternehmen, neben Facebook sprießen neue, spezialisiertere Networks aus dem Boden, die bereits über vielversprechende Userzahlen verfügen und mit Sicherheit an Attraktivität für die Werbeindustrie gewinnen werden. Bei all der Technik bleibt es aber weiterhin unabdingbar, den Menschen mit einer relevanten Botschaft über den Kanal und Zeitpunkt seiner Wahl zu erreichen."
Welche technischen Entwicklungen befeuern Trends wie Messenger, Chatbots, Sprachsteuerung, KI, Automatisierung etc.? Über welche Kanäle baut man einen effizienten Kundendialog auf, der auch für den Kunden klar messbare Mehrwerte bietet?
"Die Automatisierung bringt weitreichende Veränderungen für das Marketing, aber auch für unsere Gesellschaft mit sich. Arbeitsplätze, die kein Spezialwissen erfordern, werden weitestgehend verloren gehen. Aber es werden auch neue Arbeitsplätze entstehen. Laut einer Studie des World Economic Forums werden heute 71 Prozent aller Tätigkeiten von Menschen und 29 Prozent von Maschinen ausgeübt. In nur 5 Jahren übernehmen Maschinen bereits 42 Prozent der Tätigkeiten, hier ist also sehr viel Bewegung drin. Klar ist aber auch: es wird eine Verschiebung hin zu mehr verantwortungsvolleren Tätigkeiten kommen. Schätzungen zufolge könnten 75 Millionen Jobs durch die Automatisierung eingespart und dafür 133 Millionen neue Jobs weltweit geschaffen werden. Dort haben die Unternehmen eine sehr hohe Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern, diese in dem Prozess mitzunehmen und weiterzuentwickeln.
Das Thema KI findet bei unseren Verbandsmitgliedern großen Anklang, deshalb hat der DDV 2018 einen ThinkTank zum Thema Künstliche Intelligenz ins Leben gerufen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Thema und insbesondere seine möglichen Auswirkungen auf den Kundendialog genauer zu beleuchten. Die Teilnehmer des ThinkTanks sprechen über Einsatzfelder von KI im Marketing, sammeln Best Practice Beispiele und sprechen über die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie Grenzen und Risiken.
Gibt es technische Entwicklungen, die im Dialogmarketing noch überbewertet sind/zu Unrecht gehypt werden?
"Obwohl es bereits erste gute Beispiel für den Einsatz von Automatisierung und Künstlicher Intelligenz in der Marketingpraxis gibt, finden diese Themen erst allmählich den wirklichen Einzug in die Dialogmarketingpraxis. Deshalb ist der Trend nicht überbewertet, aber es braucht noch eine ganze Weile bis zur Durchdringung der Marketingrealität, da ist also noch viel Luft nach oben. Virtual Reality und Augmented Reality wurden vor ein paar Jahren als DIE Trends im Marketing gehyped, allerdings hat sich herausgestellt, dass die Anwendungsfelder für VR und AR eher in den Bereichen Medizin, Architektur oder Spezialdisziplinen der Industrie, wie beispielsweise der Entwicklung von neuen Automobilteilen Einzug gehalten hat und die Marketingbranche – selbst die Kreativen in den Agenturen – wenig davon berührt wird."