Ich wollte immer Strukturen lernen und wissen, wie Marketing professionell geht. Richtig mit Modellen arbeiten und nicht nur dieses Gefühl haben, ich spiele nur. Das konnte ich beieinem internationalen Großunternehmenhervorragend lernen. Eine tolle Schule. Ich kann jedem nur empfehlen, das zu machen.

2011 kamen Sie als Marketingmanagerin für Mumm, Jules Mumm und Geldermann zu Rotkäppchen-Mumm. Warum der Wechsel?

Im großen Konzern sind die Marketingdisziplinen in viele Unterbereiche unterteilt. Jeder arbeitet nur für einen Teilbereich. Mir war es jedoch wichtig, die Gesamtverantwortung zu haben. Ich arbeite sehr gerne strategisch. Ich möchte im Zentrum eines Unternehmens an der Strategie mitarbeiten und sie mitgestalten. Die gesamtheitliche Verantwortung für die Marken wurde mir bei Rotkäppchen-Mumm von vorneherein ermöglicht. Wir haben eine große Gestaltungsfreiheit und einen hohen Umsetzungsgrad. In großen Konzernen wird viel für die Mülltonne gearbeitet, bei Rotkäppchen-Mumm wird das meiste umgesetzt.  

Nach 16 Jahren startete 2017 eine neue Kampagne für die Hauptmarke Rotkäppchen. Wie muss man sich die internen Prozesse im Vorfeld vorstellen?

Mit Rotkäppchen haben wir 39 Prozent Marktanteil im Sektmarkt, 47 Prozent Marktanteil im alkoholfreien Sektsegment. Und über 20 Prozent mit Rotkäppchen Fruchtsecco. Wir sind in drei Sekt-Segmenten Marktführer. Das ist auch eine Verpflichtung. Intern war durchaus Überzeugungsarbeit nötig, bei Rotkäppchen ist das Haus weniger experimentierfreudig. Man muss die Menschen früh abholen. Wir konnten überzeugen, dass wir wissen, was wir tun und sehr verantwortungsvoll mit der Marke umgehen. So bleibt das Key-Visual, die Frau im roten Kleid, als wichtiges Marken-Asset. Wir wären für verrückt erklärt worden, wenn wir das über Bord geworfen hätten.

Rotkäppchen, Mumm, Jules Mumm, Geldermann, MM Extra: Mit ihrem Team betreuen Sie viele Marken mit einer langen Tradition. Wie geht man mit diesem Erbe um?

Die Historie ist keine Last, sondern ein Glücksfall, weil wir über authentische Marken sprechen und echte Geschichten erzählen können. Die Generationen vor uns haben diese Marken sehr erfolgreich geführt und weiterentwickelt. Es ist unsere Verantwortung, aktuelle Antworten darauf zu finden, wie die Marken auch heute und in der Zukunft weiterhin noch relevant sein können. Deshalb gehen wir vieles neu und innovativ an. Wir sind mutig und wollen nicht nur fortführen. ‚Weiter so' ist nicht immer der richtige Weg.

Was ist aus Ihrer Sicht der richtige Weg?

Wir müssen uns weiterentwickeln in der Digitalisierung und auch ein anderes Verständnis für Markenführung entwickeln. Wir müssen uns mit Social Media, Kundendatenanalysen und vielem anderen auseinandersetzen. Wenn wir das nicht tun, können wir in fünf Jahren Schafe züchten. Diese Wandlungsbereitschaft ist auch da.

Cathrin Duppel in ihrem Büro.

Cathrin Duppel in ihrem Büro.

Worauf legen Sie Wert bei der Zusammenarbeit mit Agenturen?

Mein Team und ich legen auf eine vertrauensvolle, offene und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Agenturen Wert. Wir sind „Partners-in-crime“, wenn es um die Weiterentwicklung unserer Marken geht. Deshalb kommunizieren wir sehr klar und fair, in den strukturierten Briefings, die dann auch Maßstab für die Bewertung der Agenturleistungen sind, wie auch in allgemeinen Feedbackgesprächen. Es muss greifbar sein, warum wir etwas gut finden oder nicht, wir wollen ja zusammen wachsen.

Was sind ihre Pläne für 2017 und 2018?

Auf der Messe Prowein im März werden wir neue Marken und neue Produkte vorstellen. Wir wollen die Kunden auch am Point of Sale begeistern und nicht nur das Produkt ins Regal stellen. Außerdem ist eine neue Kampagne für Jules Mumm geplant. Das Mediabudget ist nicht so hoch wie bei Rotkäppchen, deshalb müssen wir relativ laut sein. Wir dürfen viel wagen und ich bin sehr froh über diese Bereitschaft im Unternehmen, das mitzugehen. Wenn wir etwas gut begründen, sind uns wenig Grenzen gesetzt.

Für Rotkäppchen entwickeln wir die Plattform „Der Moment seid ihr!“ weiter und gehen davon aus, dass sie erst im Jahr 2018 ihre ganze Wirkung über alle Kanäle entfaltet. Bei Mumm setzen wir aktuell den vollen Fokus auf unsere Neueinführung Mumm Dry Alkoholfrei. Wir wollen die Alkoholfrei Kategorie emotional aufladen und glauben, dass das mit unserem Konzept sehr gut funktionieren wird. Und bei Geldermann werden wir 2018 im Ontrade mit frischem Look begeistern.

Was inspiriert Sie?

Es ist mir ein wichtiges Anliegen, meine Wirkung auf Menschen und deren Bedürfnisse zu verstehen. Deshalb lese ich viel Sachliteratur, über Psychologie, zwischenmenschliche Beziehungen und Kommunikation. Davon profitiere ich enorm. Außerdem bin ich Mitglied im Deutschen Marketing Verband, besuche Veranstaltungen, tausche mich in einer CMO-Community aus. Für mich ein sehr wichtiges Netzwerk. Es hilft mir zu verstehen, auf welchem Level sich andere Marketingleiter befinden, um abstrahieren zu können, wo man selber steht. Und was Entscheidungen in fünf Jahren für das Geschäft bedeuten.

Haben Sie Mentoren?

Ich habe Mentoren im Haus und suche auch gezielt Ratgeber außerhalb des Unternehmens, Menschen mit Führungserfahrung. Persönliches Wachstum ist nur möglich, wenn man sich auch selber reflektiert. Das kann man nicht immer nur alleine tun.

Welche Kampagnen gefallen Ihnen?

Die Rekruten-Idee von der Bundeswehr fand ich super. Ich hätte nie gedacht, dass eine öffentliche Behörde das so mutig umsetzt. Im Biermarkt ist Astra sehr auffallend. Ich blättere außerdem gerne in Modemagazinen und achte auf die Bildästhetik. Ich möchte wissen, wie man heute fotografiert und beispielsweise Frauen inszeniert. Wir haben im klassischen Konsumgütermarkt die Tendenz ikonenhaft zu arbeiten. Was nicht immer so State of the Art ist.

Wie wichtig sind Ihnen neue technische Gadgets? Ist das iPhone X ein Must-Have?

Ich bin kein First Mover. Ich bin Schwäbin. Ich werfe nicht gerne funktionierende Sachen weg und ersetze sie unnötig. Deshalb lasse ich mir in der Regel Zeit und kaufe Innovationen erst dann, wenn ich sie wirklich brauche.

Und zum Abschluss: Ihr Rat für Karriereanfänger?

Schaut über den Tellerand hinaus. Sucht euch Arbeitgeber, bei denen ihr Strukturen kennenlernt, aber auch solche, wo ihr selbständig arbeiten könnt.  Das ist wichtig, um später gestalten zu können. Hinderlich ist ein starkes Sicherheitsdenken und  der Wille, nur in einer Umgebung arbeiten zu wollen, wo für einen gesorgt wird und alle paar Jahre automatisch die Beförderung kommt. Da werde ich nicht zum Visionär, da werde ich nicht zum Strategen. Man muss sich auch mal durchboxen. Und aus Fehlern lernen. So hat man die Chance, zu einer eigenen Persönlichkeit zu werden und nicht zu einer Art Umsetzungsroboter.

Mehr über die Arbeitswelt von Cathrin Duppel und ihr Umgang mit Herausforderungen wie Digitalisierung, Führungsstil und Work-Life-Balance lesen Sie in der aktuellen W&V Nr. 41. In der Serie "Die junge Marketinggeneration" sind bisher erschienen: Jessica Clar, Mastercard (W&V Nr. 39) und Robin Ruschke, Sixt (Nr. 40)


Autor: Frauke Schobelt

koordiniert und steuert als Newschefin der W&V den täglichen Newsdienst und schreibt selber über alles Mögliche in den Kanälen von W&V Online. Sie hat ein Faible für nationale und internationale Kampagnen, Markengeschichten, die "Kreation des Tages" und die Nordsee. Und für den Kaffeeautomaten. Seit 2000 im Verlag W&V.