
Sexistische und diskriminierende Werbung:
"Prall, rund und saftig": Werberat rügt sieben Firmen
Wegen rücksichtsloser und sexistischer Werbung hat der Deutsche Werberat sieben Unternehmen gerügt. W&V zeigt die geschmacklosen "Kreationen", die keine Nachahmer finden sollten.

Foto: Roofy ́s Flavours
Der Deutsche Werberat hat sieben Unternehmen wegen ihrer Werbemaßnahmen öffentlich gerügt, nachdem sie trotz Beanstandung durch das Gremium ihre Werbung nicht absetzen oder korrigieren wollten.
Eine Rüge ging an ein Unternehmen, das einen sich erhängenden Menschen als Blickfang in der Werbung einsetzt. Sechs weitere Firmen wurden wegen ihrer männer- bzw. frauendiskriminierenden Werbung öffentlich gerügt. Bürgerinnen und Bürger hatten sich mit ihrer Kritik an den Deutschen Werberat gewandt.
Hier sind die geschmacklosen Übeltäter:
Sozialbetreuung "Lebensfreude" aus Halle/Saale
Das Bild einer sich erhängenden Frau im Zusammenhang mit der Bewerbung des sozialen Dienstes geht aus Sicht des Werberats über das Maß dessen hinaus, was in der Werbung zu sehen sein sollte. Angedeuteter Suizid sei als Eyecatcher für ein Werbeplakat nicht akzeptabel.
Das Leid alter Menschen sowie deren Angehöriger werde instrumentalisiert und das Leben ohne Nutzung des beworbenen Dienstes als perspektivlos dargestellt.
E-Zigaretten-Liquid-Hersteller "High-Class-Liquid" aus Unna
Nach Ansicht des Gremiums reduziert der Spot Frauen auf ihre sexuellen Reize. Der bildliche Eindruck wird auch im gesprochenen Text fortgeführt. So unterstreicht der Mann die Vorzüge der Geschmackssorte Fruit Boobs mit den Worten "Du magst es doch prall, rund und saftig?", während eine der Frauen zwei Melonen vor ihre Brüste hält.
Für besonders kritisch hält der Werberat das Zusammenspiel zwischen dem Inhalt des Spots und dem Markennamen "Roofy’s". Dieser erinnert an den Begriff "Roofies", mit dem im englischen Sprachgebrauch K.O.-Tropfen bezeichnet werden, die verwendet werden, um Frauen zu betäuben und zu vergewaltigen.
"Nomis e.K." für Rohrreinigungen aus Herten
Der Handwerker argumentiert, hier würde die klassische Situation dargestellt, in der man erst bemerkt, dass ein Rohr verstopft ist, wenn man bereits nackt unter der Dusche stünde. Dieser Sichtweise schließt sich das Entscheidungsgremium nicht an: Die Wort-Bild-Kombination spiele auf das männliche Genital an, auch wenn das humorvoll gemeint sein möge.
"Estrich & Fußbodentechnik Börmann GmbH" aus Augustusburg
Hier beanstandete der Werberat: Durch die Verbindung von Werbemotiv und -text ("Glatt und eben muss er sein – der Estrich") würden Frauen und ihre Körper in herabwürdigender Art und Weise zur Schau gestellt, auf ihre Sexualität reduziert und als Eyecatcher für eine Handwerksleistung missbraucht.
"Fleischeslust die Metzgerei und Feinkosteria e.K" aus Bensheim-Auerbach.
Im Lauf des Beschwerdeverfahrens berief sich die Metzgerei auf die ästhetische Darstellung der Frau, die Zeit habe, im Bett zu liegen und ihrem Partner beim Kochen zuzusehen. Der Werberat hat bei seiner Entscheidung betont, dass Erotik in der Werbung selbstverständlich erlaubt ist: Sexy ist nicht gleichzusetzen mit Sexismus. In dem Spot erscheine die Frau jedoch als reines Objekt sexueller Begierde.
"BKF-Weiterbildungen Gottfried Helfert" aus Netphen
Der Anbieter von Verkehrsseminaren und -Weiterbildungen für IHK-Prüfungen empfindet die Abbildung von drei aus seiner Sicht hochwertig künstlerischen Fotografien von Show-Trucks nicht als problematisch und bezeichnet die Beschwerdeführerin wegen ihrer Kritik als "mindergeistig".
Der Werberat schloss sich der Meinung der Beschwerdeführerin an und beanstandete die Werbung. Die Darstellung diene voyeuristischen Zwecken ohne jeglichen sachlichen Zusammenhang.
Pflanzenschutzfirma "Sumi Agro Limited" aus Allershausen
Der Werberat beanstandete die Werbung, weil weder das Motiv, noch der Slogan darauf hindeuten, dass es sich bei dem beworbenen Produkt um ein Fungizid für Kartoffelpflanzen handelt. Die Firma argumentiert, dass das Motiv bereits abgeschwächt wurde und außerdem der Produktbezug klar gegeben sei:
Das Bild einer sich pflegenden und duschenden Frau stehe im Vordergrund und deute auf einen gepflegten Kartoffelbestand hin. Zudem handele es sich bei dem Begriff "spritzen" um Fachjargon im landwirtschaftlichen Umfeld.
Der Werberat konnte demgegenüber einen symbolischen Zusammenhang zwischen dem Duschen der Frau und einem gepflegten Kartoffelbestand nicht erkennen und bewertete die Werbung insgesamt als sexistisch.
Der herabwürdigende Eindruck werde durch den doppeldeutigen Werbeslogan verstärkt. "Spritzen" möge zwar ein gängiger Ausdruck in der Landwirtschaft sein, aber im Zusammenspiel mit der Bild der duschenden Frau wirke dieser Werbetext für einen objektiven Betrachter als eine sexuelle Anspielung, die mit einer Herabwürdigung einhergehe
Öffentliche Beanstandung nur selten erforderlich
Weil die sieben Unternehmen ihre Werbung vorerst weiterhin einsetzen, ging der Werberat mit seinen Beanstandungen an die Öffentlichkeit. Diese Maßnahme sei nur selten erforderlich, sagte eine Sprecherin des Gremiums in Berlin. So habe die Durchsetzungsquote des Deutschen Werberats auch im ersten Halbjahr 2018 mit 92 Prozent weiterhin auf einem konstant hohen Niveau gelegen.