
Nils Kreyenhagen:
"Wer macht denn da bei Jung von Matt die Post?"
Starker Start mit schwachem Finish - W&V-Tester Nils Kreyenhagen hat sich das Karriere-Portal von Jung von Matt angesehen. Der Personalberater findet neben einigen Lichtblicken bei Deutschlands Nummer eins auch viele Schattenseiten.
Die Website einer Agentur ist ihre kreative Visitenkarte. Doch wie aussagekräftig präsentiert sie sich eigentlich beim Employer Branding? Nils Kreyenhagen, Geschäftsführer der Personalgentur Markenpersonal, weiß die Antwort. Der studierte Sozialökonom hat bei Kolle Rebbe, Serviceplan sowie Grabarz & Partner gearbeitet und kennt beide Seiten der Branche. Exklusiv für W&V Online testet Kreyenhagen die Job-und-Karriere-Seiten der fünf kreativsten Agenturen Deutschlands: Jung von Matt, Serviceplan, Heimat, Kolle Rebbe und BBDO. Nach Serviceplan ist jetzt Deutschlands Nummer 1, Jung von Matt dran.
Employer Branding:
Mit Jung von Matt nutzt endlich mal eine Agentur das Medium Video stärker, um sich als Arbeitgeber zu präsentieren. Es gibt vier unterschiedliche Bereiche: "Du + JvM", "Arbeiten bei JvM", "Werteschnecke" und "Anekdoten". Die Videos sind gut gemacht, humorvoll und wirken sympathisch. Die Bewerber bekommen auf jeden Fall einen Einblick in die Kultur der Agentur und sehen die Menschen, die dort arbeiten. Gerade der Spot "Anekdoten" greift die vielen Vorurteile, die über JvM existieren, selbstironisch auf.
Die Videos zur "Werteschnecke" mit dem starken Leitsatz "Wir bleiben unzufrieden" polarisieren dagegen möglicherweise. Was wird den Mitarbeitern für die - gefühlt - extrem hohen Leistungserwartungen geboten? Wie differenziert sich die Agentur mit echten Angeboten vom Wettbewerb? Diese und andere Fragen bleiben offen. Wo ist das berühmte JvM-Momentum für die Bewerber? Wieso wird etwa die Academy nicht erwähnt? So informativ und sympathisch die Videos auch sind, leider arbeitet mehr als die Hälfte der gezeigten Mitarbeiter nicht mehr in der Agentur oder ist zum Teil wieder zurückgekehrt. Eine Auffrischung täte also gut, dann könnten auch Aspekte wie Weiterbildung und Mitarbeiterbindung noch stärker herausgestrichen werden. Note: 3
Offene Stellen
Offene Stellen sind sehr schnell direkt beim Einstieg zu finden. Inhaltlich sind die Angebote recht kurz und vor allem allgemein gehalten. So allgemein, dass sogar mehrere Standorte parallel mit einer Ausschreibung abgefrühstückt werden. Jede Dependance bedeutet jedoch auch ein anderes Team, einen anderen Vorgesetzten, andere Kunden und oftmals eine eigene Arbeitskultur. Welche Qualifikationen und Erfahrungswerte werden zudem vorausgesetzt? - Das findet keine Berücksichtigung. Bilder, Videos oder Employer-Branding-Elemente fehlen ebenso wie Anknüpfungspunkte zu Social Media. Note: 5
Ansprechpartner:
Wer macht denn da bei Ihnen die Post? Da fällt einem gleich der legendäre Telefonstreich von Radio PSR bei JvM ein. (HR-)Mitarbeiter und sonstige Kontaktmöglichkeiten sind nicht zu finden. Das gleiche gilt für Social-Media-Profile zu Xing und Linkedin. Der interaktive und persönliche Einstieg in den Karriere-Bereich wird leider nicht konsequent durchgezogen. Alles ist sehr anonym und wirkt nicht am Bewerber orientiert. Note: 6
Bewerbungsprozess:
Neben dem Upload der Unterlagen müssen potenzielle Kandidaten noch zusätzlich eine Fülle von Angaben machen. Aus Sicht von JvM ist das natürlich super für das Bewerber-Management hinsichtlich Datenerfassung und Weiterverarbeitung. Für die Bewerber selbst ist das auch nicht unüblich, aber trotzdem zeit- und nervenaufreibend. Der Prozess lässt sich sicherlich verschlanken, um einen Mittelweg für beide Seiten zu finden. Das kleine Motivationsschreiben "Warum zu JvM?" (600 Zeichen) verlangt dem Bewerber - sofern er denn möchte, er muss nicht - am Ende des Prozesses noch ein bisschen was ab. Warum man unbedingt zu Arbeitgeber "XYZ" möchte, ist – wenn überhaupt, weil eigentlich Old School – eine Frage fürs das persönliche Gespräch. Ein echtes Differenzierungsmerkmal ist hingegen der umfangreiche Kreativtest, bei dem auf jeden Fall 10 von 13 Hürden zu überspringen sind. Note: 4
Social-Media-Anbindung:
Im Footer lassen sich die Verlinkungen zu Facebook und Twitter finden, weitere Verweise in Richtung anderer Plattformen wie Youtube, Pinterest, Instagram oder zu Xing und Linkedin gibt es nicht. Bewertungsseiten wie Kununu und/oder Glassdoor könnten ebenfalls integriert werden. Note: 5
Fazit:
Deutschlands Nr. 1 kommt gut aus den Startblöcken und lässt dann leider kräftig nach. Kein Ansprechpartner im HR-Bereich in Sicht - das ist einfach nicht zeitgemäß und deckt sich nicht mit der Emotionalität, die JvM in anderen Bereichen zeigt. Serviceplan als Nr. 2 im W&V-Ranking geht somit als Sieger aus diesem Check hervor. Gratulation! Die anderen Agenturen sehen ihre Bewertungen hoffentlich sportlich und nehmen den ein oder anderen Gedankenanstoß für die HR-Arbeit mit.