
GWA-Frühjahrsmonitor:
Agenturen schrumpfen 2020 um 1,3 Prozent
Nochmal gut gegangen. Trotz Corona büßen die Mitglieder des Gesamtverbands Kommunikationsagenturen nur 1,3 Prozent ihres Umsatzes ein. Wachstumstreiber ist Online.

Foto: Martin Kroll für W&V
Schönreden will der Verband die Zahlen nicht, aber die Lage auch nicht schlechter machen, als sie ist. "Wir sind nochmal mit einem blauen Auge davongekommen", sagt Benjamin Minack, Präsident des Gesamtverbands Kommunikationsagenturen. Alle hätten für 2020 deutlich härtere Einschränkungen erwartet. Der GWA hat am Mittwoch seinen Frühjahrsmonitor vorgestellt, der jedes Jahr Auskunft zur Lage der Nation gibt. Jedenfalls, wenn es um die Agenturen in diesem Land geht.
Und die stellt sich, in der Gesamtschau, weniger dramatisch dar, als es viele gedacht haben. Um 1,3 Prozent bricht der Umsatz 2020 unter den befragten Mitgliedern im Vergleich zum Vorjahr ein. In Zeiten der Pandemie haben viele Kund:innen ihre Projekte zurück- oder eingestellt, Budgets gekürzt. 57,7 Prozent hatten mit Umsatzrückgängen zu tun, bei 3,8 Prozent blieb alles beim Alten; 38,5 Prozent konnten sogar zulegen.
Das Ergebnis deckt sich in etwa mit dem Ranking der inhabergeführten Agenturen BIG 50, das W&V, Horizont und GWA ebenfalls am Mittwoch veröffentlicht haben. Mit 2,7 Prozent fällt der Umsatzrückgang im Vergleich zum Vorjahr verhältnismäßig moderat aus.
Longtailisierung der Effekte
Mehr als ein Indikator ist das allerdings nicht. Tatsächlich dürfte das Bild düsterer sein, als es wirkt. Denn nicht alle Agenturen sind Mitglied beim GWA und nicht alle Agenturen melden jedes Jahr für BIG 50, gerade, wenn's mal schlecht läuft. Alles hängst stark vom Portfolio der Firmen ab: Event-Leute trifft es härter als Kreativagenturen, Messebauer:innen leider mehr als Digitalagenturen. Aber klar: Diesen Anspruch erhebt der Frühjahrsmonitor auch nicht. "Wir erleben auch hier eine Longtailisierung des Effekts", sagt GWA-Präsident Minack. Das Bild bleibt uneinheitlich. Trotzdem gehen nicht wenige Agenturen davon aus, dass sich die Krise erst im Herbst bemerkbar macht, wenn die Corona-Hilfen und Maßnahmen wie das Kurzarbeitergeld auslaufen. Dann dürften auch die Verbraucher:innen weniger Geld zur Verfügung haben, das sie ausgeben können.
Wachstumstreiber:innen, so der GWA weiter, waren im vergangenen Jahr vor allem die Automobil-, die Finanz- und Pharmaindustrie sowie neu: der Staat. Öffentliche Aufträge hätten vieles von dem aufgefangen, was im privaten Bereich weggefallen sei. Und natürlich dominierte dabei die Online-Kommunikation. Viele Agenturen haben auf die Krise schnell reagiert: Neben Investitionen in ein besseres (digitales) Angebot (29 Prozent) haben sie ihre Kosten (36 Prozent) gesenkt, so bei Dienstreisen, Fortbildung, Awards, sie haben Kurzarbeitprogramme (33 Prozent) genutzt, Leuten gekündigt oder Stellen nicht nachbesetzt (21 Prozent). Derzeit befinden sich bundesweit 2,7 Mio. Menschen in Kurzarbeit, teilte am Mittwoch das Münchener Ifo-Institut mit. Das entspricht acht Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Die Zahl sinkt allerdings.
Demnächst wird alles besser
Insgesamt blicken die GWA-Agenturen aber optimistisch in die Zukunft. 65,8 Prozent der Befragten gehen für 2021 von einer Umsatzsteigerung aus. Zum Vergleich: 2020 waren es nur 61,1 Prozent. Tatsächlich berichten viele Agenturen davon, für dieses Jahr Planungssicherheit zu haben. Denn bis Ende März seien bereits 56 Prozent der Umsätze zugesichert. Im Vergleich zu 2020 (9 Prozent) soll die Rendite 2021 mit 10,31 Prozent nochmal höher ausfallen. Und alle wollen investieren in Personal, die Fortbildung der Mitarbeiter:innen, IT.
Die gute Stimmung trüben könnte nach der pandemiebedingten Konjunktur indes der übliche Fachkräftemangel. Ärgerlich auch: Immer mehr Kund:innen übernehmen Agenturdienstleistungen selbst (Inhousing) oder schichten die Budgets um, zum Beispiel auf Plattformen.
Wie dem auch sei: Gut aufgestellt sehen sich die Agenturen. Drei Viertel arbeiten seit Ausbruch der Pandemie im Home Office oder mobil, derzeit sind es drei Viertel aller Beschäftigten. Das werde auch in Zukunft so bleiben, glaubt der GWA. Schließlich würden sich immer weniger Fachkräfte fest anstellen lassen. "Wir bekommen einen Markt selbstständiger Arbeit in kleinen Gruppen", sagt Benjamin Minack. Derzeit melden 43 Prozent der Agenturen weniger Festangestellte als noch vor Corona.
Wer dennoch Wert auf einen festen Arbeitsplatz in der Agentur legt, schätzt eine gute Kultur, ergo Chancengleichheit und Vielfalt. Die meisten Agenturen wollen Diversität in den eigenen Reihen fördern; Prozesse dafür aufgesetzt haben aber lediglich 21 Prozent.