
Cannes 2010: Großer PR-Erfolg für Deutschland
Vier Löwen nehmen die Deutschen in der Kategorie PR mit nach Hause, dreimal Gold und einmal Silber. Die Debatte um Sinn und Unsinn der Kategorie wurde nicht mehr geführt, PR ist in Cannes angekommen.
Endlich zeigt Deutschland, was es kann. In der Kategorie PR vergibt die Jury vier Löwen, drei goldene und einen silbernen. Damit gewinnen deutsche Agenturen zum ersten Mal überhaupt in dieser noch jungen Disziplin Löwen, und das, obwohl sie mit 32 Arbeiten noch weniger als im Krisenjahr 2009 (47) vorgelegt hatten. PR hat das International Advertising Festival 2009 eingeführt. Im vergangenen Jahr gab es für Deutschland keine Löwen.
Löwen gehen an Jung von Matt, Hamburg, die für die Philharmonie Hamburg („Concert for the people“) gleich zweimal Gold bekommt. Die Agentur hatte ein Konzert des Hauses an verschiedenen Orten in der Hansestadt gleichzeitig austragen lassen, die Dirigentin Simone Young agierte dabei vom Turm des Michel aus, die 100 in der gesamten Stadt verteilten Musiker waren über Bildschirme mit ihrer Dirigentin verbunden. Sie konnten sich weder sehen noch hören, das Konzert fand trotzdem statt. Das Ziel: Junge Leute für klassische Musik begeistern. Das Presseecho war enorm, das Involvement der Bevölkerung ebenso. Der Jury in Cannes war das Gold wert.
Gold gewinnt auch DDB in Berlin, die gemeinsam mit Johanssen & Kretschmer für die Entega die Arbeit „Schneemänner“ eingereicht hatte. Mit den schmelzenden Schneemännern vor dem Reichstag hat die Agentur öffentlichkeitswirksam auf den Klimawandel aufmerksam gemacht. Silber geht an Faktor3, Hamburg, für Wiesmann. Insgesamt hat die Jury elfmal Gold und 32mal Silber vergeben, Bronze gibt es in dieser Rubrik noch nicht.
„Die Qualität der Arbeiten ist insgesamt sehr gut“, sagt Jurypräsident Paul Taaffe von Hill & Knowlton. Allerdings werde die Kategorie in der Branche noch zu wenig wahrgenommen. „Wir brauchen mehr Einreichungen, gerade auch von PR-Agenturen. „ Noch reichen meist Klassikagenturen ein. „Viele Länder sind außerdem unterrepräsentiert“, sagt Taaffe, so Frankreich und Deutschland. „Das spiegelt nicht die kreative Leistung dieser Länder wider.“ Punkten konnten 2010 vor allem kleine Länder wie zum Beispiel Schweden. „ Das ist wie bei der WM dieses Jahr“, sagt Taaffe.
Volker Martens, Mitgründer und Mitinhaber von Faktor 3, der für Deutschland in der Jury saß, schließt sich der Meinung seines Juryvorsitzenden an. „Es muss aus Deutschland deutlich mehr Einreichungen geben und die müssen von PR-Professionellen kommen.“ Die Qualität im Land sei auf jeden Fall vorhanden, Shortlist-Level könnten Deutschlands PR-Profis erreichen.
Um den Wettbewerb zu fördern, will Martens mit dem PR-Verband GPRA eine Initiative starten. „Die ausgezeichneten deutschen Arbeiten waren top, die Ideen hatten Kraft, die Qualität der Aufbereitung war auch gut.“ Und darauf komme es ja gerade bei einem internationalen Kreativfestival besonders an. Die Debatte um Sinn und Unsinn der Kategorie wurde nicht mehr geführt, PR ist in Cannes angekommen.
Generell haben sich in diesem Jahr wieder die Arbeiten durchgesetzt, die die Verbraucher einbeziehen, sie einladen, sich über eine lange Zeit mit einer Marke zu beschäftigen, weil sie für ihr Leben relevant ist. So entsteht eine Beziehung zwischen Verbraucher und Marke, und damit Public Relations.
Ein gutes Beispiel dafür sind die deutschen Löwen, vor allem aber der Grand Prix, der an TBWA/Chiat/Day nach Los Angeles geht. Die Agentur hat für den Energy Drink Gatorade eine Sportinitiative („Replay“) gestartet, die ihresgleichen sucht. Zwei alte Footballteams aus einer High School haben Agentur und Kunde zusammengebracht, die nach 15 Jahren Pause wieder spielen sollten, um ihr Unentschieden von damals endlich einer Entscheidung zuzuführen. Vier Wochen lang haben die Teams trainiert, auch der alte Schiedsrichter und die alten Cheerleader. Die Aktion wurde in der Kommunikation on- und offline begleitet und hat im ganzen Land wochenlang eine Debatte darüber ausgelöst, welchen Stellenwert Bewegung und Sport im Leben der US-Amerikaner haben und haben sollten. Gatorade war der Absender, das Thema - Sport – war universal. „Das war authentisch, emotional,unterhaltsam, ein ehrliches Bemühen um Dialog mit der Möglichkeit, Feedback zu bekommen über eine wirklich lange Zeit“, so die Jury. „Das ist echte PR.“
Die PR-Löwen wurden am Montagabend im Palais des Festivals vergeben zusammen mit den Promo- und Direct-Lions. Offiziell eröffnet wird das Cannes-Festival erst am Dienstagabend mit der großen Opening-Gala am Carlton-Beach.
Alles rund um das Event des Jahres finden Sie in unserem großen Cannes-Special.