Die Nielsen-Zahlen für Sommer waren aber rückläufig. Woran krankte dann das zweite, dritte Quartal?

Große Sportereignisse haben immer Auswirkungen auf die Mediennutzung und die Budgetallokation der Werbeindustrie. In 2012 waren wir mit gleich zwei großen Sportereignissen konfrontiert – der Fußball-Europameisterschaft und den olympischen Sommerspielen. Die Werbestrategie der Industrie zu diesen Zeitpunkten begründet entsprechend die rückläufige Entwicklung im zweiten sowie dritten Quartal. Die bekannten Effekte auf den Gesamtwerbemarkt haben wir natürlich antizipiert und somit wurden wir auch nicht überrascht. Dennoch empfinden wir das Buchungsverhalten zu Großevents selbstverständlich als unglücklich, denn der Filmsommer war von Contentseite her durchaus spektakulär. Hier hatten wir Blockbuster wie „Men in Black 3“, „The Dark Knight Rises“ oder auch „Ice Age 4“ und konnten hervorragende Besucherzahlen verzeichnen. Über das gesamte Jahr hinweg laufen Blockbuster im Kino und so strömen natürlich auch ganzjährig Gäste in unsere Foyers und Säle. Deshalb schauen wir auch etwas wehmütig auf die Buchungsenthaltsamkeit im Sommer und die erneute Konzentration ins vierte Quartal.

Die saisonale Verdichtung dürfte ihnen aus TV-Zeiten bekannt sein. 

Die Konzentration von Kampagnen und Werbedruck auf den Zeitraum Oktober bis Dezember ist im Bewegtbildbereich durchaus bekannt. Aber man sollte Kino und Fernsehen differenziert betrachten. Auch wenn die Gesamtnutzung im vierten Quartal im Kino, bedingt durch die Filmstarts, höher als im Rest des Jahres ist, so ist der Unterschied zwischen anderen Quartalen nicht so fulminant wie im Fernsehen. Wenn es entsprechend attraktive Filme gibt, strömen die Besucher auch im Frühjahr und Sommer ins Kino – bestes Beispiel hierfür ist der im Januar gestartete Film „Ziemlich beste Freunde“ mit mehr als 8,5 Millionen Besuchern alleine in Deutschland. Bis heute ist der Film der erfolgreichste Film in diesem Jahr.
Hinzu kommt, dass Werbezeiten im Kino anders vermarktet werden als im TV – nämlich nicht nach prognostizierten, sondern nach erreichten Kontakten. Dementsprechend effizient und zielführend sind Kampagnen auch in Off-Season Zeiträumen für die Kunden. Wie in anderen Medien würden wir es umso mehr begrüßen, wenn unsere Kunden auch andere Zeiträume für ihre Kampagnen in Betracht ziehen und somit die Kapazitäten im vierten Quartal entsprechend etwas entlasten würden. Dies hätte selbstverständlich auch positive Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Kampagnen.

Profitiert Kino von der Jahresendrallye? Buchen Kunden auch hier immer kurzfristiger?

Natürlich profitiert Cinemaxx als Top-Marke im Kinosegment von dieser Jahresendrallye. Wie schon zuvor gesagt, erleben wir gerade ein sehr starkes Wachstum und freuen uns darüber. Auch unsere maßgeschneiderten und medial vernetzen Markeninszenierungen führen dazu, dass wir weitere Budgets sichern konnten. Allerdings nimmt die Kurzfristigkeit von Buchungen im Kinobereich leider ebenso zu wie in anderen Medien. Und eben diese Kurzfristigkeit reduziert die Visibilität auf den Gesamtwerbemarkt und dessen Potentiale. Das heißt es wird einfach immer schwieriger Prognosen zu erstellen.

Sind neue Kunden an Bord?

Ja, sehr viele! Es ist außerordentlich erfreulich, dass ein Film wie „Skyfall“ auch viele neue Werbekunden in unsere Cinemaxx-Kinos lockt. EMI Music ist mit “Best Of Bond, James Bond – 50th Anniversary Edition” beispielsweise ein Kunde, der lange bei Kinowerbung abstinent war und nun zu Bond zurückgekehrt ist; Außerdem bewirbt P&G Prestige den Duft "James Bond 007" mit Kinowerbung. Die Schaltungen für diesen Duft finden nur bei Cinemaxx statt. Zum einem weil sie bereits in Form von Produktplatzierungen in den Film integriert sind und dies noch mit zusätzlichem Werbedruck unterstreichen wollen. Zum anderen weil Kino – dank vieler großartiger Filme in den letzten und kommenden Monaten – wieder sehr stark in den Köpfen der Werbetreibenden und Produktverantwortlichen verankert ist. Eine Rückbesinnung auf die Stärke der Kinowerbung findet statt und das mit Recht. Denn im Werbemarkt ist Kino weiterhin das alleinige Single-Task-Medium, bei welchem der Konsument mit voller Konzentration die Werbebotschaften aufnimmt. Deshalb generiert Kino die höchsten Wirkungswerte aller Medien.

Wie sind ihre Prognosen für 2013?

Wie zuvor gesagt, führen die immer kurzfristigeren Buchungen zu weniger Visibilität im Markt. Dementsprechend schwierig ist es Gesamtjahresprognosen aufzustellen. Bei fortschreitender Stabilität der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gehen wir derzeit von einem geringfügigen Wachstum des gesamten Werbemarktes für 2013 aus. Wir glauben allerdings, dass Kino als kleineres Medium hier Marktanteile zurückgewinnen muss und kann. Verbunden mit unserer Zielsetzung einer Entzerrung der Kampagnen über das gesamte Buchungsjahr sehen wir dem Jahr 2013 entsprechend optimistisch entgegen.

Sind für 2013 neue Vermarktungsangebote geplant?

Erst einmal werden wir den Endjahreshype mit ins neue Jahr nehmen und die starke Awareness nutzen, um Kino noch weiter in den Fokus der Werbetreibenden zu rücken. Filmhighlights wie „Django Unchained“, „Les Miserables“,„Kokowääh 2”, „Gangster Squad” und „Jack Reacher” versprechen einen starken Start ins Kinojahr.
Als Cinemaxx bieten wir unseren Kunden aber eben nicht nur Kino, sondern „Mehr als Kino“. Wir setzen verstärkt auf hochwertige Zusatzangebote, die mit der fortschreitenden Digitalisierung erst möglich werden. Immer mehr Content steht für die große Leinwand zur Verfügung. Übertragungen aus den größten Opern- und Balletthäusern der Welt sowie Screenings von Rock- und Popkonzerten internationaler Musikgrößen wie „Coldplay“ oder „Led Zeppelin“ erweitern das Kinoprogramm und unserer Zielgruppen.
Wir haben bereits im Jahr 2011 angefangen, unsere Kunden direkt in Bezug auf ihre Marketingzielsetzungen zu beraten und neue Lösungen anzubieten. Dies beinhaltet die Inszenierung von Marken über unsere vernetzten Plattformen, denn die Kombination aus Leinwandwerbung, interaktiven Online-Möglichkeiten und der Nutzung des gesamten digitalen Foyers bietet ein ideales Spielfeld zur wirksamen Markenkommunikation. Und diese Produkte werden wir im nächsten Jahr auch weiter vorantreiben.

Könnte die Digitalisierung auch das starre Wochenraster aufbrechen?

Durch die Digitalisierung wird in der Tat die Flexibilität deutlich erhöht. Inwieweit das Wochenraster hierdurch aufgebrochen wird, können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Wir müssen uns hier auch die Frage stellen, welche Produkte wirksam und somit vermarktbar sind. Es ist durchaus möglich, dass es zu besonderen Anlässen sinnvoll sein kann. Aber wir befinden uns hier gerade in Gesprächen mit unserem Vermarkter um die Thematik zu bewerten und es wäre zu früh eine klare Aussage zu tätigen.


Autor: Katrin Otto

ist Expertin für Medien. Sie schreibt über Radio, Außenwerbung, Kino, Film und und natürlich Podcast und Streaming. Privat ist sie gern auf Konzerten, im Kino oder im Wasser.