
Glacéau Smartwater:
Coca-Cola verschmäht den Goldenen Windbeutel
Coca-Colas "Smartwater" soll den Goldenen Windbeutel bekommen. Der Hersteller lehnt ihn ab. Ein anderer Nominierter rudert dagegen zurück. Beides kann sinnvoll sein.

Foto: Foodwatch
Jedes Jahr, wenn die Organisation Foodwatch den Goldenen Windbeutel verleiht, kommt erneut die Frage auf: Inwieweit ist der Verbraucher selbst für seine Kaufentscheidungen verantwortlich? Und wann führt die Industrie ihn hinters Licht? Wann ist er ihr ausgeliefert?
Der diesjährige Gewinner Coca-Cola ist sich keiner Schuld bewusst: Der Getränkehersteller sollte den Goldenen Windbeutel für das Produkt Glacéau Smartwater erhalten. Gut 30 Prozent der knapp 70.000 Abstimmenden haben es zur dreistesten Werbelüge des Jahres gewählt.
Das steckt hinter Glacéau Smartwater
Die Kritik: Anders als von Coca-Cola suggeriert, sei das "Smartwater" nicht besser als anderes Mineralwasser – koste aber mit 1,65 Euro pro Liter bis zu siebenmal mehr. Für das Glacéau Smartwater wird natürliches Mineralwasser dampfdestilliert, wieder aufgefangen und anschließend erneut mit Mineralsalzen versetzt. Dadurch erhält es laut Coca-Cola einen "klaren und wenig mineralischen Geschmack".
Diesen "unnützen Trick" würden Verbraucher "teuer bezahlen", kritisiert Foodwatch. Coca-Cola weist die Schuld von sich und nimmt den Goldenen Windbeutel offiziell nicht an. Schließlich seien die Kennzeichnung des Mineralwassers und transparent und entsprechen den lebensmittelrechtlichen Regelungen. Der Hersteller selbst habe keinerlei Kritik von den Verbrauchern zu spüren bekommen.
Doch Foodwatch geht noch weiter: Aktivistinnen klebten Schilder mit "Wucher", "Wasser-Abzocke" oder "Dreistigkeit" an die Glastüren der Deutschlandzentrale des Getränkekonzerns. Eine Demonstrantin in einem lebensgroßen Kostüm des Coca-Cola-Wassers stand vor dem knallroten Firmengebäude am Berliner Spreeufer, in der Hand ein Schild: "Ich will keine Werbelüge mehr sein!"
Dennree zeigt sich einsichtiger
Auch der Biolebensmittel-Hersteller und -Händler Dennree war für das "Bratöl Olive" nominiert – geht aber ganz anders mit der Kritik um als Coca-Cola. Der Vorwurf: Die Flasche ließe vermuten, dass es sich um reines Olivenöl handele. In Wahrheit besteht es zur Hälfte aus Sonnenblumenöl.
Kurz nach der Nominierung kündigte der Hersteller an, das Flaschenetikett ändern zu wollen und ab 2019 drauf zu schreiben, dass es sich nur zur Hälfte um Olivenöl handelt. Vielleicht erhielt es deshalb bei der Abstimmung nur 13,5 Prozent der Stimmen.
Zurückrudern macht Sinn, aber nicht immer
Gerade für eine Bio-Marke wie Dennree ist das Publikum von Foodwatch eine wichtige Zielgruppe. Deshalb war das Zurückrudern in dem Fall ein richtiger Schritt. Coca-Cola richtet sich dagegen weniger an besonders gesundheitsbewusste Verbraucher, weshalb es aus Markensicht mehr Sinn machen kann, den bisherigen Standpunkt zu verteidigen und zu der Lifestyle-Marke Glacéau Smartwater und ihrer dahinter steckenden Geschichte zu stehen.
Neben den Produkten von Coca-Cola und Dennree-Produkt waren außerdem folgende drei Lebensmittel nominiert:
- der "Kids Tomato Ketchup" von Heinz (er erhielt 28,1 Prozent der Stimmen), weil er bis zu 40 Prozent mehr als das Pendant für Erwachsene koste, obwohl der Ketchup genau der gleiche ist.
- der Riegel "Corny Milch" von Hersteller Schwartau (15,6 Prozent), weil er als gesunde Zwischenmahlzeit „mit dem Plus an Calcium“ und „mit wertvollem Getreide“ beworben wird, tatsächlich aber zur Hälfte aus Zucker und Fett bestehe.
- der Erbseneintopf von Edekas Eigenmarke "Gut und Günstig" (12,3 Prozent), weil er auf der Vorderseite versprach, "ohne geschmacksverstärkende Zusatzstoffe", in der Zutatenliste aber zehn Zusatzstoffe aufgeführt waren – selbst wenn die nicht den Geschmack verstärkten.