Ist es (formal betrachtet) banal? Vielleicht. Who cares. Diese Diskussion erinnert mich viel zu sehr an die gute alte Spießerdiskussion von der Kunst, die keine ist, weil "das ja jeder kann" (Yves Klein, Andy Warhol, Josef Beuys und 1000 andere). Und trifft diese Beurteilung dann nicht auch auf ganz viele andere gute Logos zu? Steht nicht zum Beispiel ein Großteil des Werkes von Paul Rand in genau dieser Tradition der Einfachheit und Plakativität? Wie sehr haben wir uns in Zeiten der Photoshop-Effekte diese Einfachheit zurückgewünscht? Ich kann Schatten und Verläufe nicht mehr sehen. Ich mag es pur.

Ist das Logo zu hart? Das ist purer Chauvinismus, weil der ganze Satz in der Regel ja lautet: "Ist es nicht zu hart für eine Frau?" Clinton steht für klare Kante. Vielleicht muss sie das sogar mehr als jeder Mann, um ernst genommen zu werden (worum ich sie nicht beneide) und so tritt sie dann eben auch auf. Jetzt vergleichen alle das Logo mit dem Obama-O mit den drei roten Streifen (und dem schicken Verlauf!). Tja, das waren noch andere Zeiten, da ging noch die Sonne richtig schön auf und die Zukunft leuchtete hell. Im Moment passt das nur einfach nicht so gut.

Und was soll dieses Zeichen uns nun sagen? Für mich zeigt der Pfeil nach vorn. Ganz einfach. Er kommt aus der Mitte des Buchstabens und für die Mitte der amerikanischen Gesellschaft hat Clinton sich einzusetzen versprochen. Und vielleicht ist er ja auch auf das rechte, amerikanische Lager gerichtet. Es ist eigentlich ziemlich simpel. Und simpel ist gut für ein Symbol, das nichts anderes können muss, als das man es wiedererkannt und mit bestimmten Inhalten verbindet. Nicht das Logo ist der Inhalt, sondern die Frau, für die das Logo steht, liefert diese Inhalte. Das darf man nicht vergessen. Dass man darüber hinaus jede Menge anderer Interpretation in dieses Zeichen hineindenken kann, ist ja klar (was fiele mir alles zu den drei roten Streifen im Obama-Logo ein…). Das ist immer so und irgendwo hier beginnt dann auch die Polemik.

Als ich das Logo vor einigen Tagen zum ersten Mal sah, war ich überrascht. So etwas hatte ich nicht erwartet. Eher hatte ich wohl gedacht, dass Clinton versuchen würde, den genialen visuellen Feldzug des Barack Obama nachzuahmen. Sie hat dem widerstanden und das ist mutig. Statt dessen: In your face! Ich finde das toll.

Johannes Erler ist Partner der Agentur ErlerSkibbeTönsmann in Hamburg, die auf Markenkommunikation, Editorial Design und Schriftgestaltung spezialisiert ist. Zuvor war er Art Director des Wochenmagazins "Stern". Zuletzt hat er eine Monografie über Erik Spiekermann geschrieben, die im Gestalten Verlag erschienen ist.

Szene aus einem Werbespot von Hillary Clinton - mit dem kritisierten Logo (CR: Hillary Clinton):


Autor: W&V Gastautor:in

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