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IAA in München? BMW würde das Logo abdecken
Berlin, Hamburg oder München? Am 3. März entscheidet der VDA über den künftigen IAA-Standort. Im Hintergrund kursieren dabei nicht nur Sachargumente. Nun macht BMW einen Vorschlag zur Güte.

Foto: BMW, Messe München
München scheint gute Karten zu haben im Schlussspurt des Rennens um die IAA-Austragung. Am 3. März entscheidet der Verband der Automobilindustrie (VDA). Aber es gibt einen Haken: Im 19-köpfigen VDA-Vorstand gibt es Bedenken, ob man als Aussteller unter der starken optischen Präsenz von BMW seine Produkte präsentieren will.
Zu Münchens Konzept gehört neben der "Summit Location" der Messe München ein so genannter "Open Space", in dem die Messe sich der allgemeinen Bevölkerung öffnen will. Dieser Open Space besteht aus Olympiapark und Innenstadt. Von vielen Stellen des Olympiaparks ist aber das BMW-Ensemble mit dem Hochhaus zu sehen. An diesem so genannten "Vierzylinder" prangen gut sichtbar BMW-Logos. Das gefällt dem ein oder anderen VDA-Vorstandsmitglied nicht.
Nun hat BMW angeboten, die Logo-Präsenz zurückzunehmen und die IAA in den Vordergrund zu stellen, falls der VDA sich für München als IAA-Standort entscheiden sollte. Auf Nachfrage sagt ein BMW-Sprecher, es gebe zwar keine konkrete Information dazu, aber BMW sei "bereit zu Zugeständnissen". Das kann eigentlich nichts anderes bedeuten, als dass die Logos verdeckt würden - zum Beispiel durch IAA-Logos. Dass es soweit kommt, ist nicht unwahrscheinlich. München hat gute Argumente:
Was für München spricht
Laut einer Anfang 2020 erhobenen repräsentativen Umfrage von T-Online sprechen sich 31 Prozent der Deutschen für München als IAA-Austragungsort aus, 20 Prozent für Berlin und 16,6 Prozent für Hamburg. Auch in der Münchner Bevölkerung selbst wäre die IAA willkommen. 63,1 Prozent der Münchner sind offen für die IAA. In den beiden Wettbewerbsstädten liegen die Zustimmungsraten nur bei jeweils 55 und 50,8 Prozent.
München ist ein starker Arbeitgeber-Standort. 130.522 Unternehmen arbeiten laut Markus Datenbank direkt oder indirekt für die Automobilindustrie. In Berlin und Hamburg sind das nur jeweils deutlich unter 600. In München sitzt eben nicht nur BMW. Auch viele Arbeitnehmer von Audi wohnen hier und pendeln zwischen Ingolstadt und München.
Noch wichtiger als Argument dürften die ansässigen Tech-Unternehmen sein, unter anderem Amazon, Apple, Google, IBM (Watson), Microsoft und Salesforce. Schließlich spielt die Software im Auto eine immer wichtigere Rolle. Die Autobauer selbst wandeln sich zu Tech-Unternehmen. Oft unterschätzt wird eine Messe wie die IAA zudem als Recruiting-Plattform für Tech-Profis.
Nicht zuletzt findet in München das weltweit größte Volksfest statt, das Oktoberfest. Würde die IAA tatsächlich 2021 nach München kommen, dann würde sie an sechs Tagen in der zweiten Septemberwoche stattfinden, also genau eine Woche vor der Wiesn.
Die Pläne des VDA
Am 3. März trifft sich der VDA-Vorstand, um eine Entscheidung zu treffen. Bislang war der Genfer Autosalon als Treffpunkt geplant. Doch der wird nun wegen der Ausbreitung des Corona-Virus abgesagt. Die Stadt, die den Zuschlag erhalten wird, soll zunächst zwei IAAs hintereinander ausrichten, und zwar in den Jahren 2021 und 2023 - mit der Option, auch 2025 IAA-Standort zu sein.
Als die IAA in Frankfurt stattfand, trat der VDA als alleiniger Veranstalter auf. Die Messehallen waren nur angemietet. Künftig favorisiert der VDA ein partnerschaftliches Modell, bei dem Gewinne geteilt werden - allerdings auch eventuelle Verluste. Schätzungen des ifo-Instituts zufolge bringt die IAA zusätzliche 500 Millionen Euro Umsatz in die Stadt, durch Mehr-Auslastung von Hotellerie, Gaststätten und Einzelhandel.
Für den VDA ist die Tragweite der Entscheidung kaum zu überschätzen. Denn die nächste IAA muss sitzen. Es geht also nicht nur um die Wahl eines Standorts. "Die IAA selbst muss sich neu erfinden", sagt Klaus Dittrich, CEO der Messe München. Es reiche nicht mehr, nur eine Ausstellung zu sein. Die Zahl der IAA-Besucher war zuletzt von über einer Million auf knapp die Hälfte gesunken. Auch die Zahl der Aussteller sank drastisch. Die IAA läuft Gefahr, das gleiche Schicksal wie die Cebit zu ereilen. Als Aussteller- und Publikumsmagneten für die Automobilbranche haben sich in letzter Zeit fachfremde Messen wie die CES in Las Vegas und die South-by-Southwest (SXSW) in Texas entwickelt. Von diesen Events muss die IAA lernen.
Politische Unterstützung
Die Bayerische Staatsregierung hat als erste Maßnahme ein Investitionsvolumen von 15 Millionen Euro aus dem laufenden Haushalt zugesichert, falls die IAA nach München kommen sollte. Und die Stadt München gründet ein eigenes Mobilitätsreferat.
Tragweite
Die IAA ist ein Projekt in nationalem Interesse. Sie galt bislang als Weltleitmesse für die Automobilbranche. In Deutschland hängen etwa 1,8 Millionen Arbeitsplätze direkt oder indirekt von der Autoproduktion ab. Die gesamte Branche befindet sich in einem doppelten Transformationsprozess. Erstens der Entwicklung von Verbrennungsmotoren zu alternativen Antrieben wie der Elektromobilität. Zweitens dem Wandel von analogen Produkten zu digitalen Wertschöpfungsketten. Dabei müssen deutsche Unternehmen aufpassen, international nicht den Anschluss zu verlieren. Vor diesem Hintergrund ist die IAA nicht nur eine Visitenkarte für den Automobilstandort Deutschland. Sie kann sich darüber hinaus zur Keimzelle einer neuen, umweltfreundlicheren Mobilität entwickeln.