
Olympische Spiele:
IOC lockert Werberegeln - mehr Freiheit für die Sportler
Auf Druck des Bundeskartellamtes haben die Sportler bei Olympischen Spielen erheblich mehr Werbemöglichkeiten. Für DOSB-Athletensprecher Max Hartung ist das ein guter Anfang.

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Das Monopol des Internationalen Olympischen Komitees, alleine über die Werberegeln während Olympischer Spiele zu bestimmen, wurde zugunsten der Athleten eingeschränkt. Olympische Spiele werden für ihre Hauptdarsteller künftig durch eine erhebliche Lockerung der Werbemöglichkeiten eine größere Geldquelle werden. Der Deutsche Olympische Sportbund und das IOC haben sich dem Bundeskartellamt gegenüber zu einer Öffnung bisheriger Werbebeschränkungen verpflichtet, teilte die Wettbewerbsbehörde mit. "Das ist ein klarer Schritt in die richtige Richtung", sagte DOSB-Athletensprecher Max Hartung, betonte aber auch: "Es gibt noch viel zu tun." Positiv reagierte auch der Bundesverband der Deutschen Sportartikel-Industrie (BSI).
Für den Säbel-Europameister ist die auf Druck des Bundeskartellamtes zustande gekommene "Zusagenentscheidung" nur ein Teilerfolg. Sein Ziel ist die direkte Beteiligung der Athleten an den Einnahmen des IOC, das 90 Prozent davon an den Sport und seine Organisationen ausschüttet. Von 2013 bis 2016 nahm das IOC rund 5,5 Milliarden Dollar ein. "Es wäre fair, die Athleten und Trainer mit einem Viertel davon direkt finanziell zu beteiligen", meinte Hartung.
"Die Athleten sind die Leistungsträger der Olympischen Spiele. Sie können aber von den sehr hohen Werbeeinnahmen des IOC durch offizielle Olympia-Sponsoren nicht direkt profitieren", sagte Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes. "Als ein Höhepunkt ihrer sportlichen Karriere kommt der Eigenvermarktung während der Spiele daher eine sehr hohe Bedeutung zu."
Bisherige Regeln waren unverhältnismäßig
DOSB und IOC sind nach der vorläufigen Ansicht des Bundeskartellamtes marktbeherrschend auf dem Markt für die Organisation und Vermarktung der Olympischen Spiele. Auch Regeln eines Sportverbandes unterliegen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dem Wettbewerbsrecht, soweit sie wirtschaftliche Tätigkeiten betreffen. Wettbewerbsbeschränkungen können aber durch legitime Ziele gerechtfertigt sein, wenn die Beschränkungen zur Erreichung dieser Ziele verhältnismäßig sind. Als legitimes Ziel für die Werbebeschränkungen hat das Bundeskartellamt grundsätzlich die regelmäßige Veranstaltung der Olympischen Spiele durch Verhinderung von rechtlich unzulässigen Werbeformen rund um Olympia anerkannt. Die Beschränkungen der Werbemöglichkeiten durch die bisherige Anwendung von Regel 40 der Olympischen Charta sind aber nach vorläufiger Ansicht des Amtes zu weitgehend und daher missbräuchlich. Dabei wurde vor allem die Rechtsprechung des BGH zum deutschen Olympiaschutzgesetz berücksichtigt.
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Um zu den Spielen zugelassen zu werden, müssen sich die nominierten Athleten gegenüber DOSB und IOC zur Einhaltung der Olympischen Charta verpflichten. Nach Regel 40 darf kein Olympia-Athlet seine Person, seinen Namen, sein Bild oder seine sportlichen Leistungen während der Olympischen Spiele - und einige Tage vor und nach den Spielen - zu Werbezwecken nutzen lassen. Diese Beschränkung erfasst alle werblichen und Social-Media-Aktivitäten und gilt von neun Tage vor Eröffnung der Spiele an bis zum dritten Tag nach der Schlussfeier.
Durch die Entscheidung haben deutsche Athleten künftig deutlich mehr Handlungsspielraum bei der Vermarktung ihrer Person während der laufenden Olympischen Spiele. "Dies betrifft unter anderem die Nutzung bestimmter 'olympischer' Begriffe, die Aktivitäten auf Social Media oder die Verwendung von Wettkampfbildern", erklärte Mundt. Das IOC hatte mit der Regel 40 (Nummer 3) der Olympischen Charta die Werbemöglichkeiten von Athleten beschränkt.
Der DOSB begrüßte die "erfreuliche Einigung" und weitere Lockerung der Regel 40. Zugleich verwies die Dachorganisation darauf, dass das Bundeskartellamt mit der Entscheidung auch anerkenne, dass Werbebeschränkungen explizit zulässig seien, um die regelmäßige Durchführung Olympischer Spiele sicherzustellen.
"Die Entscheidung wird beiden Seiten gerecht: Einerseits profitieren die Athleten durch die Ausweitung persönlicher Rechte, andererseits wird das für den gesamten Sport existenzielle Finanzierungsmodell der Olympischen Spiele gesichert", sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann.
Die Regel 40 sei weiter die Basis, um rechtlich unzulässige Werbeformen rund um die Olympischen Spiele zu unterbinden. "Damit soll auch künftig verhindert werden, dass die große Popularität der Olympischen Spiele durch Trittbrettfahrer ausgenutzt wird, ohne dass die Unternehmen sich finanziell an der Umsetzung der Olympischen Spiele beteiligen", hieß es in der DOSB-Mitteilung.
Das Bundeskartellamt hatte 2017 ein Verwaltungsverfahren wegen des Verdachts auf Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gegen den DOSB und das IOC eingeleitet. Daraufhin hatten sich die Organisationen geeinigt, vor den Winterspielen 2018 in Pyeongchang erste Verbesserungen an den Werberegeln vorzunehmen. Eine Anfang 2018 veranlasste Befragung von Sportlern und Sponsoren in Deutschland hatte aber ergeben, dass die Anpassungen nicht genügen.
Das ändert sich jetzt bei der Olympia-Werbung
Zu den Neuerungen gehören unter anderen, dass Werbemaßnahmen während der Spiele vorher nicht mehr beim DOSB genehmigt werden müssen; künftig ist auch neue und nicht nur laufende Werbung zulässig. Auch die Verwendung vieler bislang untersagter Begriffe wie "Medaille, Gold, Silber, Bronze, Winter- und Sommerspiele" sind nun erlaubt. Auch bestimmte Wettkampfbilder von den Spielen werden zugelassen, wenn auf ihnen keine olympischen Symbole zu sehen sind.
Bei Verstößen gegen die IOC-Regel 40 (Werbeverbotsregel) erfolgt nicht mehr automatisch der Ausschluss von den Olympischen Spielen. Diese Entscheidung könnte europaweit Zeichen setzen, findet der BSI. "Dies gilt umso mehr, als dass Sportlerinnen und Sportler heute überregional bzw. global als Identifikations- und Imageträger wahrgenommen werden und nicht mehr ausschließlich innerhalb der Grenzen eines Landes, so dass mehrere EU-Mitgliedstaaten betroffen sind."
am/ mit Andreas Schirmer, dpa