
Mitmach-Kampagnen im Social Web: Was haben sie den Unternehmen gebracht?
Einige Unternehmen haben 2011 im Social Web Produkte entwickeln lassen. Hat sich der Aufwand für sie gelohnt? Ritter Sport und Henkel ziehen für W&V Online ein erstes Fazit.
Über das Social Web Produkte entwickeln zu lassen oder zumindest einzelne Produktionsschritte zur Abstimmung zu stellen, hat sich 2011 zum Trend entwickelt. Einige Produkte haben so Impulse aus der Community bekommen, vom Spülmittel bis zum Hamburger. Hat sich der Aufwand für die Unternehmen gelohnt? W&V Online hat nachgefragt. In der ersten Folge: Ritter Sport und Henkel.
Blog-Schokolade von Ritter Sport
"Es war bislang die erfolgreichste Aktion unseres Markenblogs", sagt Meike Seyfert von Ritter Sport über die "Blog-Schokolade". Sie hat zusammen mit ihrem Kollegen Oliver Braun das Projekt betreut. Mit beteiligt war auch die Hamburger Agentur Elbkind. Über mehrere Monate hinweg konnten die Leser des Blogs an der Entwicklung einer eigenen Ritter-Sport-Sorte teilhaben, Zutaten vorschlagen, abstimmen, Designs für die Verpackung einreichen und wiederum abstimmen, bis das fertige Produkt vorlag. Dass der kommunikative und operative Aufwand dabei größer war als bei anderen Social-Media-Aktionen liegt auf der Hand. Zahlreiche Kommentare mussten gesichtet, zahlreiche Fragen beantwortet werden. Das Rezept galt es zu erstellen, zu testen und zu produzieren.
Belohnt wurde der Aufwand mit dem Interesse an der neuen Sorte. Mit regulären Produkteinführungen lässt sich zwar kein direkter Vergleich ziehen, denn die Blog-Schokolade war nicht im regulären Supermarkt erhältlich. Doch Seyfert zeigt sich mit den Verkäufen zufrieden. Über den Blog gab es die neue Sorte "Cookies & Cream" zu kaufen, außerdem im Shop am Stammsitz in Waldenbuch sowie im Flagshipstore in Berlin-Mitte. In diesen drei Kanälen verkauften sich die 25.000 Tafeln, die von der Social-Media-Sorte produziert wurden, innerhalb von zwei Monaten.
Zwar ersetze die Aktion keine klassischen Marktforschungs-Tests, erklärt Seyfert, doch sie zeige trotzdem, was sich die Kunden wünschen. Und nach einer qualitative Auswertung der Blog-Einträge und der Kommunikation im Social Web "kann man sagen, dass die Aktion gut angekommen ist". Ob die Blog-Schokolade die Marke auch langfristig positiv beeinflusst hat, hat Ritter Sport aber nicht getestet.
Transparenz über die Prozesse stellte das Team von Anfang an her. Ritter Sport behielt sich trotz User-Beteiligung die Entscheidungshoheit. Ob die Sorte mit den gewählten Zutaten auch machbar wäre, ob das Rezept nicht zu süß würde, das entschied das Team und die Produktentwickler. "Es ist schon wichtig, so eine Aktion auch zu steuern", findet Seyfert. Ob andernfalls eine Marke auch verwässern könnte? "Ja, das kann ein Problem sein". Alle Steuerungen seien aber von vornherein deutlich kommuniziert werden.
Für die Zukunft will Ritter Sport seine Social-Media-Aktivitäten weiter ausbauen. "Ob es aber wieder eine Blog-Schokolade geben wird, steht noch nicht fest", so Seyfert. Derzeit wird mit der neuen Social-Media-Agentur über mögliche Aktionen für das kommende Jahr gesprochen. Kolle Rebbe, bisher die Klassik-Agentur von Ritter Sport, konnte sich auch den Online- und Social-Media-Etat sichern.
Designwettbewerb von Pril
Dass bei der Facebook-Aktion "Mein Pril - Mein Stil" nicht alles glatt lief, dürfte inzwischen bekannt sein. User konnten Designs für die Spülmittelflasche vorschlagen und zur Abstimmung stellen. Doch Henkel griff in die Abstimmung ein: "Leider mussten wir während der Voting-Phase feststellen, dass das Voting einiger Designs in unzulässiger Weise beeinflusst wurde" erklärt das Unternehmen. Das führte zu Protesten zunächst vorallem von den Usern, deren Vorschlag abgewertet wurde, weitete sich dann aber aus.
Aus den Designs mit den meisten Stimmen nach dieser Bereinigung wählte eine Jury die Sieger und achtete dabei darauf, dass sie "attraktiv für Verbraucher und Handel gleichermaßen" waren, erklärt Henkel. "Neben der Bewertung der Qualität und Kreativität der Designs war für die Jury entscheidend, dass sie die Akzeptanz des Handels finden und für viele Verbraucher relevant sind." Viele User fühlten sich dadurch übergangen. Es folgte der "Shitstorm".
Eckhard von Eysmondt, Marketingleiter für die Wasch- und Reinigungsmittel von Henkel in Deutschland, freut sich dennoch über die Resonanz an dem Designwettbewerb: "Sie war überwältigend groß, mehr als 50.000 kreative Designs wurden erstellt" Damit habe die Aktion die Erwartungen weit übertroffen. Auch das erste Feedback aus dem Handel sei positiv, "die tatsächlichen Marktdaten werden uns erst im Januar vorliegen", so von Eysmondt. Seit Oktober sind die beiden Gewinner-Designs auf dem Markt. Ob es solche Kampagnen in dieser oder ähnlicher Form erneut geben wird, lässt der Marketingleiter aber noch offen. "Das werden wir im Rahmen der finalen Bewertung entscheiden." Das bei den User beliebte Priiiiil-Design, das aber nicht als Sonderedition in den Verkauf ging, wurde von Henkel in einer kleinen Auflage von 888 Flaschen produziert. 111 wurde über Facebook verlost, die übrigen 777 Flaschen gab es bei Ebay. Dort waren sie laut Henkel innerhalb von 56 Minuten ausverkauft.